Wahrheit statt Verbissenheit
Für Peter Roseggers „Jakob der Letzte“kehrt Regisseur Georg Schütky ins Mürztal zurück. Premiere ist heute in Krieglach.
All
die Gestalten aus Peter Roseggers Geschichten sind dem in Berlin lebenden gebürtigen Mürztaler seit Kindheitstagen vertraut. Den Roman „Jakob der Letzte“hat Georg Schütky allerdings nicht gekannt – bis er denauftrag für die Inszenierung bei den Roseggerfestspielen in Krieglach bekam. „Es war ein Geschenk, diesen Roman in die Finger zu kriegen. Ich las ihn in der Provence, wo ich Olivenbäume beschnitt. Ich war beeindruckt und habe ihn gleich zwei- oder dreimal gelesen und jedes Mal geweint“, sagt Schütky.
Die Waldbauerngeschichte von Jakob Steinreuterwecke starke Bilder: „Eines der eindrücklichsten war ein Sturm, der auf Jakobswiese einen See entstehen lässt. Für Videodreharbeiten haben wir drei Tage auf dem Hochschwab verbracht. Am letzten Tag gab es einen Sturm. Wir sind abends von der Hütte auf die Sackwiesenalm gegangen, und plötzlich war dort auch ein See, der am Morgen noch nicht dort war“, sagt der 30-Jährige. „Das Überschwemmtwerden. Die Natur, die sich verändert. Das ist ein Jakob der Letzte.
Hrsg. von Daniela Strigl, Karl Wagner. Styria, 384 Seiten, 25 Euro.
starkes Bild. Mich interessiert, was dann mit einemmenschen passiert.“
Im Roman existiere ein großer Komplex Schuld und Scham, samt Entwurzelung und Identitätsverlust. „Jakob begreift sich als Bauer, als freier Mensch. Die Schuld, weggegangen zu sein, nichts mehr zu besitzen, ein Industriearbeiter zu werden und abhängig zu sein – dieses Gefühl hat in der Region Schmerzen verursacht, die nicht überwunden sind.“Schütky konkretisiert: „Es gibt manchmal eine gewisse Gebücktheit, die ich aus meiner Kindheit kenne. Der Roman beschreibt die Wurzeln dieses Gefühls – das gerade in der Mur-mürz-furche, aber nicht nur dort, stark vorhanden ist.“
In der Inszenierung nach ei- nem Stück von Felix Mitterer wirken zahlreiche Statisten aus der Region mit. Alexander Mitterer verkörpert die Hauptrolle: „Er ist ein sich verbohrender und vergrabender Schauspieler, der durch diese Schleife des Spielens noch tiefer eindringt und das sehr ernst nimmt“, schwärmt Schütky von seinem Hauptdarsteller. „Ich lege die Inszenierung mit einer sehr großen Wachheit an. Es ist uns wichtig, diese Verbissenheit nicht nur in Bitterkeit zu porträtieren. Prinzipiell gehe ich davon aus, dass jedes Stück intelligenter ist als seinautor. Ich bin als Regisseur nicht dazu da, etwas genau so zu erzählen, wie man es nachlesen kann.“
Kurz nach der Premiere fliegt Schütky übrigens in seine Wahlheimat Berlin, wo er für den 3. Oktober, den Tag der Deutschen Einheit, in der Staatsoper den Festakt konzipiert. Und: Die neue Saison führt ihn auch ans Jugendtheaternext Liberty, dort wird er in der kommenden Saison „Die rote Zora“nach dem Roman von Kurt Held auf die Bühne hieven. Julia Schafferhofer