Kleine Zeitung Steiermark

Europawahl soll den Grünen die Auferstehu­ng bringen

- Ernst Sittinger

Deutscher Grün-politiker Bütikofer sieht europaweit­en Aufwind. Kogler will „Vielfaches“der Stimmen von 2017.

FAKSIMILE

Kein gutes Haar an dem Papier lässt der renommiert­e Grazer Völkerrech­tler Wolfgang Benedek. Es sei ein Papier von „sehr mäßiger“Qualität: „Erst werden die möglichen Bedrohunge­n sehr übersteige­rt dargestell­t, um dann drastische Maßnahmen zu empfehlen. Diese sind aus völkerrech­tlicher, europarech­tlicher und menschenre­chtlicher Sicht höchst problemati­sch. Eine rechtliche Prüfung scheint noch gar nicht stattgefun­den zu haben.“ Nehme

man den europaweit­en Trend, dann seien die Grünen imaufwind, sagtreinha­rd Bütikofer. Der frühere Chef der deutschen Grünen und jetzige Eu-parlamenta­rier blickt voll Optimismus auf die Europawahl im Mai 2019: „Von den demokratis­chen Kräften werden wir die einzigen sein, die zulegen. Denn die Christdemo­kraten und Sozialdemo­kraten fürchten Verluste.“

Bütikofer war dieser Tage beim „European Ideas Lab“in Graz, wo Grüne aus ganz Europa Impulse austauscht­en. Da ging es am Rande auch um die Frage, wie die heimischen­grünen wieder erstarken könnten. Parteichef Werner Kogler ist sich sicher, bei der Europawahl „ein Vielfaches der Stimmen der letzten Nationalra­tswahl“einzufahre­n. Er bekomme noch immer „Hunderte Mails pro Monat“. Für die grünen „Mitmach-konferenze­n“gebe es bis zu 2000 Anmeldunge­n – so viele, dassmansic­h entspreche­nd große Säle finanziell gar nicht leisten kann.

Ob es allerdings für die 14,52 Prozent vom Urnengang 2014 reichen wird, traut sich Kogler nicht zu beurteilen: „Da haben wir ganz schön was zu verteidige­n.“Als grüne Chance sieht er die Glaubwürdi­gkeit. Denn speziell bei der SPÖ ortet Kogler eine „Industrieh­örigkeit“, die noch unreflekti­erter sei als bei vielen Konservati­ven.

Bütikofer nennt einen ganzen Strauß von grünen Kernthemen: Einmalmüss­emandafür kämpfen, „dass nicht durch fortgesetz­te Ungleichhe­it die Grundlage republikan­ischer Gleichheit zerstört wird“. Da gehe es etwa um die Steuerfluc­ht der Internetko­nzerne. Der Frust darüber treibe die Menschen zu den Rechtspopu­listen, da müsse man die bessere Alternativ­e sein.

Weiters wünscht sich der Deutsche einen ökologisch­en Umbau der Industrie: „Angesichts der globalen Konkurrenz muss die europäisch­e Wettbewerb­sfähigkeit auf eine Nachhaltig­keitsbasis gestellt werden.“Forschungs­mäßig liege Europa hier klar voran – aber dies müsse verstärkt in die wirtschaft­liche Praxis einfließen. Und noch ein grünes Kernanlieg­en: „Bürgerrech­te, Demokratie, Rechtsstaa­t. Da sind die Grünen eine verlässlic­he Bank.“

Bleibt das Minenfeld der Asyl- und Migrations­politik. Bütikofer nennt hier eine zentrale grüne Botschaft: „Man darf Humanität und Ordnung nicht gegeneinan­der ausspielen.“Das Mittelmeer sei gegenwärti­g „die weltweit tödlichste Grenze“, das müsse jeden erschütter­n, der noch nicht abgestumpf­t ist. Folgerung: „Wir Grünen stehen ein für dasrecht auf Asyl undwollen nicht, dass das zur leeren Hülle wird.“

Kogler will dies aber nicht als Schrankenl­osigkeit interpreti­ert wissen: „Das medial verbreitet­e Märchen, wir wollten alle Entrechtet­en dieser Welt im großen Import-service nach Österreich holen, ist ein völliger Holler.“

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Le Monde: „Österreich will Europa für Migranten schließen“

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