„Wir leben in einer künstlichen Welt“
Wir brauchen mehr Bäume: Der Autor und Referent Conradamberkonstatiert Graz akuten Behandlungsbedarf.
Herr
Amber, Sie reisen mit Ihren Vorträgen durch ganz Europa. Wie gut kennen Sie Graz?
CONRAD AMBER: Recht gut. Mein Ex-schwiegervater war aus Graz und ich war auch als Kunstvermittler oft in der Kulturhauptstadt. Ich habe Kontakt zu den Murauen-aktivisten und kenne die Situation gut. Immerhin ist das die Stadt mit der zweithöchsten Feinstaubbelastung
Österreichs.
Bäume fielen durch den Kraftwerksbau, jetzt kam es zu Fällungen nach den Unwettern. Wie dramatisch sind solche Verluste? Zur Person Was ist unser Problem?
Conrad Amber (63) ist Naturfotograf, Autor und international gefragter Referent aus Dornbirn.
Er war 35 Jahre lang als Kunstberater und Kunstvermittler tätig, ehe er mit den Büchern„baumwelten“und aktuell „Bäume auf die Dächer – Wälder in die Stadt!“der Leidenschaft seiner Kindheit nachgab.
Man kann die Auwälder nicht ersetzen undwas nach denunwettern passierte, war eine Überreaktion.
Aber war die Situation immens gefährlich?
Ja, aber grundsätzlich müsste man die Bäume schützen und nicht diemenschen. Das heißt: Man sollte Bäume absperren. Sie aber abzusägen ist keine Option, denn Pflanzen haben noch andere Funktionen als die, sie anzugreifen. Sie leben länger als jedermensch.
Wir entfernen uns von der Natur, leben stattdessen in einer künstlichenwelt. Dafür gibt es Allergien, Depressionen und inzwischen zwanzig Krebsar
ten mehr.
Was muss geschehen?
Stadtwälder müssen her, die kosten ein Zehntel eines Stadtparks. Außerdem brauchen wir Parkplätze mit Rasenziegeln, begrünte Fassaden und Gründächer, auf denen man Kleintierzoos und Spielplätze errichtet. Fast jeder Straßenzug braucht eine Allee, dazu Autobahnwälder entlang der A 2 und A 9. Und man müsste Preise für die schönsten Grüngebäude und Grünräume vergeben. Grün muss schick sein und darf nicht der reicheren Gesellschaft vorbehalten bleiben.