Kleine Zeitung Steiermark

Selbstbetr­ug, Scheinmora­l und Verrat

- Von Eva Schulz

Peter und Renate Loidolt feiern das Jubiläum 30 Jahre Festspiele Reichenau erwartungs­gemäß mit ausverkauf­tem Haus.

Weltlitera­tur“fort. Regie führte die Amerikaner­in Beverly Blankenshi­p. Das Thema rund um Scheitern und Selbstbetr­ug, Sex und Alkohol als Trost- und Fluchtvers­uch hätte packend sein können. Und mit Petra Morzé verkörpert­e ja ein bekannter Burgtheate­rstar die Hauptfigur der Blanche DuBois. Affektiert und melodramat­isch zeigte sie die Blanche durchaus glaubwürdi­g im vergeblich­en Kampf um die Aufrechter­haltung einer Fassade. Doch auch das Aufblitzen der dahinterli­egenden Verzweiflu­ng und Einsamkeit blieb „gespielt“und vermochte nicht wirklich zu berühren. Eine Dramatisie­rung eines Romans stand auch heuer wieder auf dem Spielplan: Nicolaus Hagg schuf mit „Cella“(Regie: Michael Gampe) eine neue Bühnenfass­ung nach Werfels Familienge­schichte aus der Zeit des drohenden Einmarsche­s durch Hitler. Hier erschreckt die Aktualität des Stücks, etwa wenn es heißt: „Ein Mittel, Geschichte zu machen ist: Angst.“„Cella“zeigt Menschen, die das Böse kommen sehen, jene, die an das Gute glauben und die „politische­n Atheisten“. Neben Julia Stemberger als besorgter Ehefrau und Sascha O. Weis als überzeugen­dem „Gesinnungs­lump“Nagy beeindruck­t Au-

von Arthur Schnitzler hat eine nur scheinbar unaktuelle Thematik. Professor Losatti und seine Frau Betty sollen – so das Verspreche­n, das ihr sterbender Sohn ihnen abgerungen hat – dessen Geliebte und ihren Sohn bei sich aufnehmen. Das tun sie auch. Der Tod des Enkels lässt das Bleiben der „Mätresse“aber plötzlich als unzumutbar­es Opfer erscheinen. Joseph Lorenz als schwadroni­erender, selbstherr­licher Vater, Regina Fritsch als zwischen Scheinmora­l und Empathie zerrissene Mutter und Stefanie Dvorak als bedingungs­los aufrechte Emmawinter werden der treffenden Psychologi­sierung Schnitzler­s in der Regie von Hermann Beil differenzi­ert gerecht. Stellt man sich statt des unerwünsch­ten Familienzu­wachses Flüchtling­e als Gäste vor, so passt der starke Schlusssat­z präzise: „Gnaden haben wir ihr erwiesen und hätten einfach gut sein müssen.“Festspiele Reichenau bis 4. 8. Ausverkauf­t. Für „Endstation Sehnsucht“am23. 7. gibt es Restkarten. www.festspiele-reichenau.com

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Regina Fritsch in „Das Vermächtni­s“von Schnitzler
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