Das Ende des Irrlichterns
Premierministerin May bietet den Brexit-hardlinern in ihrem Kabinett erfolgreich die Stirn. Endlich hat London eine Position, mit der man sich in Brüssel beschäftigen kann.
Theresamay hat ihre Landsleute und Parteigänger gleich zweifach überrascht. Einmal, weil sie amwochenende nach zwei Jahren härtester Rhetorik nunmehr zu einer weichen Landung beim Brexit ansetzt. Zumandern aber auch, weil sie den Gegnern eines weichen Brexits als Premierministerin erstmals die Stirn bot – und siegte. Die gefürchtete Garde der Brexiteers in der Regierung steht nach der Kabinettsklausur von Chequers ziemlich belämmert da.
Siewaren es gewesen, die seit dem Referendum den Ton angegeben hatten. Sie hatten den Kurs vorgezeichnet, May eingeschüchtert und immer wieder mit Rücktritt gedroht – BrexitMinister Davis angeblich fünf Mal. Er hatte noch vor Kurzem Mays Plan für ein Zoll-arrangement mit der EU nach dem Brexit „völlig verrückt“genannt.
Und Außenminister Boris Johnson charakterisierte den Plan sogar verächtlich als einen „Haufen Scheiße“. Bei aller Großspurigkeit wagte er es am Ende aber wieder nicht, seinen Worten Taten folgen zu lassen. Keiner aus der Hardliner-ecke trat im Protest zurück. Keiner hatte Alternativpläne anzubieten. Schneller als gedacht war die Luft aus den Brexit„Schwergewichten“draußen.
Für London – und für die EU– ist das eine bemerkenswerte Entwicklung. Zum ersten Mal hat sich die britische Regierung auf eine Position zum künftigen Verhältnis Großbritanniens mit dem vereinten Europa geeinigt. Und was May vorschwebt, ist eine enge Anlehnung an die Union, kein radikaler Bruch.
So umständlich im neuen Positionspapier von einer „gemeinsamen Freihandelszone“und von „Zoll-arrangements“die Rede ist, so leicht ist die Hoffnung auf eine neue Form von Zollunion mit der Euzu erkennen, auf festen Anschluss an die Regeln des Binnenmarkts. Noch wagt May es nicht auszusprechen. Aber dertraumeiner in völliger Isolation operierenden Insel ist zumindest in Downing Street ausgeträumt.
Der Grund dafür ist klar. Massive Warnungen aus Wirtschaftskreisen haben May und ihre Minister auf einen pragmatischeren Pfad gezwungen. Auch viele Brexiteers fürchten insgeheim eine Bruchlandung, wenn es zu keiner Lösung kommt. Im Unterhaus, weiß May außerdem, ist für einen harten Brexit keinemehrheit zu finden. Auch wenn die ToryHinterbänkler, die sich jetzt von der eigenen Regierung verraten fühlen, lautstark Rache schwören: Sie drohen May ja neuerdings wieder mit Absetzung. ippen könnten sie die Premierministerin wohl nicht. Aber natürlich könnten sie gehörigen weiteren Schaden anrichten. Undmay ist auf der langen Straße der Kompromisse noch längst nicht am Ziel angelangt. Fürs Erste hat sie ja nur, mit zweijähriger Verzögerung, eine parteiinterne Position ausgehandelt. Auch mit dieser Position werden Londons Partner nicht glücklich sein. Aber immerhin gibt es nun endlich eine Londoner Stellungnahme, mit der man sich in Brüssel beschäftigen kann. Und dieweist in die Richtung weiterer Verständigung.
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