Leben Lust abtrotzt
HANNAHPERRY/ GALERIE KAINDLHOFER der Bilder gleichsam entrissen sind. Weil in ihrer Engführung von Soziologie, Psychologie undmedienarbeit immer ein feministischer Standpunkt mitschwingt, bilden Perrys unter demtitel „Rage Fluids“präsentierten Arbeiten einen starken, stimmigen Kontrast zur parallel laufenden Schau.
Im Keller findet das große Finale der jahrelangen Bemühungen des Künstlerhauses statt, den 2005 verstorbenen Grazer Konzeptkünstler Jörg Schlick ins Bewusstsein zumindest einer mitteleuropäischen Szene zu holen. Nachschauen kann man das übrigens nun auch im Band „Jörg Schlick“, der sein Werk komplett erfasst. Den Schlussstein im Kunsthaus setzt die Schau „Studienraum“,, die sich auf Schlick als Person fokussiert, was bei jemandem, der es mit dem Unterschied zwischen Kunst und Leben ohnehin nie so genau nahm, sehr passend ist. Schlick, der Kunst-anstifter, der Kollaborateur, Netzwerker, Werbetrommler und Szenemensch, der Mitbegründer der Kunstachse Köln–graz, die in den Achtzigern und Neunzigern zwei Orte in Verbindung und in Bezug brachte.
Das von Schlick konzipierte Sujet der „Lord Jim Loge“, das er aus Kritzeleien dieses achtbaren Männer- und Künstlerbundes (mit unter anderem Wolfgang Bauer, Albert Oehlen und dem engen Freund Martin Kippenberger) bastelte, ist da so allgegenwärtig wie die zahllosen Fotos, die er laufend anfertigte. Schlick hatte immer eine Kamera dabei, lange bevor dies allgemein Standard wurde.
Die Inszenierung als antibürgerlicher Bohemien und Lebe- mann scheint dabei schnell in Narzissmus umzuschlagen. Die Posen sind aber immer so reflektiert, mitunter mit erlösender Selbstironie ausgestattet und letztlich von einer Verve, die zeigt, dass hier ein Individuum zur grandios instrumentierten Selbstbehauptung antritt.
Es sind gerade die konträren Haltungen von Schlick und Perry, die für Spannung sorgen. Wo Kunst einst aus der Deckung eines Schein-machismo und blanker Lebenslust keck hervorlugte, verwirklicht sie sich heute in der dystopischen Anordnung von fragmentierten Körpern und Bildfetzen.
Hannah Perry, „Rage Fluids“. bis 28. August. Jörg Schlick, „Studienraum“bis 9. September. Künstlerhaus Graz. Burgring 2. Dienstag bis Sonntag. Informationen zum Rahmenprogramm: www.km-k.at