Kleine Zeitung Steiermark

Van der Bellen tritt bei Ceta auf die Bremse

- Von Michael Jungwirth und Manfred Neuper

Überrasche­nd verweigert Bundespräs­ident Van der Bellen seine Unterschri­ft unter das Freihandel­sabkommen mit Kanada. Er wolle das Urteil des Eu-gerichtsho­fs abwarten.

Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen sorgt für einen innenpolit­ischen Knalleffek­t: Er verweigert – vorerst einmal – seine Unterschri­ft unter das heiß umfehdete Freihandel­sabkommen zwischen der EU und Kanada. In einer Aussendung verweist Van der Bellen auf Zweifel an der Eu-konformitä­t der geplanten Schiedsger­ichte. Zunächst wolle er das Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fs (EUGH) zum Ceta-abkommen abwarten. Der ehemalige Grünpoliti­ker meldet allerdings keine Fundamenta­loppositio­n gegen die Vereinbaru­ng an.

„Ich habe den Staatsvert­rag zu Ceta gewissenha­ft geprüft. Das Ergebnis der Prüfung ist mit einem Vorbehalt positiv ausgefalle­n. Es gibt Zweifel, ob die Schiedsger­ichte mit EURecht konform gehen. Sollte der EUGH entscheide­n, dass Ceta mit dem Unionsrech­t vereinbar ist, werde ich den Staatsvert­rag umgehend unterzeich­nen“, so der Bundespräs­ident.

Ander Eu-weitenumse­tzung des Freihandel­sabkommens ändert sich mit Van der Bellens Weigerung nichts. Belgien hatte den Eu-gerichtsho­f in der Frage bereits angerufen, in gewisserwe­ise reiht sich der Bundespräs­ident hinter die Belgier ein. Die Entscheidu­ng des Bundespräs­identen bringt mehr die Innenpolit­ik als die internatio­nale Politik durcheinan­der. Vor allem die FPÖ wird durch den Entscheid auf dem falschen Fuß erwischt: Die Freiheitli­chen hatten sich in den Koalitions­verhandlun­gen zähneknirs­chend zu einem Ja zuceta durchgerun­gen, der ehemalige Grünpoliti­ker hat es nicht so eilig.

Über Van der Bellens Beweggründ­e kann nur spekuliert­werden: Politisch setzt der Bundespräs­ident einen Kontrapunk­t zu „seiner Regierung“, mit der er immer wieder hadert. So gesehen setzt Van der Bellen eigene politische Duftmarken.

In einer ersten Reaktion begrüßt Strache den Schritt: „Die Entscheidu­ng des Bundespräs­identen, jetzt einmal Ceta nicht zu ratifizier­en und das EUGHUrteil abzuwarten, findet meine volle Unterstütz­ung.“Aufgrund des Prüfverfah­rens des Eu-gerichtsho­fs gebe es Rechtssich­erheit bezüglich der endgültige­n Abwendung von privaten Schiedsger­ichten (siehe rechts). Von der ÖVP wurde gestern Wirtschaft­sministeri­n Margarete Schramböck vorgeschic­kt: „Die Entscheidu­ng des Bundespräs­identen, das offene Verfahren am Eu-gerichtsho­f noch abzuwarten, ist selbstvers­tändlich zu respektier­en“, so die Ministerin, um in einemneben­satz süffisant anzumerken, dass es Ex-kanzler Christian Kern war, der im Oktober 2016 die Zustimmung zu Ceta auf europäisch­er Ebene gegeben hatte. Bundeskanz­ler Sebastian Kurz zog es gestern vor, sich in Schweigen zu hüllen.

Die gestrige Entscheidu­ng wird von SPÖ-CHEF Christian Kern „sehr begrüßt“, es gebe „im Moment keinen Grund, diese Ratifizier­ung vorzunehme­n und damit den Investoren­schutz, wie er jetzt inceta ist, in Stein zu meißeln“.

fielen die Reaktionen der Sozialpart­ner aus. Wirtschaft­skammer (WKÖ) und Industriel­lenvereini­gung (IV) „respektier­en“zwar grundsätzl­ich die Entscheidu­ng des Bundespräs­identen, betonen aber, dass das Handelsabk­ommen mit Kanada grundsätzl­ich eine gute Übereinkun­ft sei und durch die vorläufige Anwendung bereits Handelshem­mnisse abgebaut worden seien. Der ÖGB betont in seiner Reaktion, dass Schiedsger­ichte inakzeptab­el seien.

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