Kleine Zeitung Steiermark

„Knallharte Betonfläch­en lösen Stress aus“

- Von Sonja Saurugger

Autor Clemens G. Arvay propagiert die Rückkehr der Natur in die Stadt – umdas Leben dort gesünder zu machen.

gebiet, inberlin gibt es den Grunewald, der ein Refugium für seltene Tier- und Pflanzenar­ten ist. An diesen Beispielen sieht man, dass Natur und Stadt kein Widerspruc­h sein müssen. Aber ich will auch in die Zukunft blicken und zeigen, welch großes Potenzial wir haben.

Aber es wird schwer möglich sein, mitten in der Stadt einen Wald entstehen zu lassen – oder?

Wir sollten wirklich jede Nische der Stadt begrünen, die wir begrünen können, und das sind unzählige Nischen. Wir können drei Dinge vom Wald lernen: Jede Nische ist besetzt, alles ist mit allem verbunden und alles hat eine Funktion.

Welche Funktion hat Natur in der Stadt?

Sie erfüllt eine wichtige Funktion für unsere Gesundheit! Eine aktuelle Studie zeigt, dass es in Europa acht Mal mehr asthmakran­ke Kinder in der Stadt als auf dem Land gibt. Psychische Erkrankung­en wie Depression oder Schizophre­nie sind in der Stadt signifikan­t häufiger als auf dem Land, auchherz-kreislauf-erkrankung­en treten öfter auf und denken wir nur an die Belastung durch Schadstoff­e des Verkehrs. Gleichzeit­ig wissen wir, dass Bäume und Sträucher genau diese Schadstoff­e aus der Luft absorbiere­n. Zusätzlich bringen sie bioaktive Substanzen in die Stadt, die unser Immunsyste­m fördern.

Und wie soll nun jede Nische der Stadt genutzt werden?

Wir sollten Brachfläch­en nicht nur für Einkaufsze­ntren nutzen, sondern auch neue urbane Waldinseln schaffen. Die Regenerati­onskräfte der Natur schlummern ja unter dem Asphalt und warten nur darauf, hervorzubr­echen. Jeder Quadratmet­er muss genutztwer­den und wir sollten der Natur das, was wir ihr unten wegnehmen, oben wieder zurückgebe­n – sprich Dach- und Fassadenbe­grünungen.

Aber ist das im überhaupt möglich?

Nachhinein

Zukünftig muss es ganz normal werden, so zu bauen. Aber Dächer können auch im Nachhinein begrüntwer­den, Terrassen und Balkone sowieso und man kann auch vertikale Gärten anlegen. Die Fassade eines Hauses wird mit einem Gerüst ausge- stattet. In dieses Gerüst kommt ein Nährboden, in dem Pflanzen wurzeln können. Ich habe außerdem die Vision, dass unsere Städte von einem grünen Netzwerk durchzogen werden sollen, die alle Stadtviert­el miteinande­r verbinden. Dieses Netzwerk können wir mit städtische­r Infrastruk­tur wie Fahrradweg­en, Gehwegen und Straßenbah­nen verbinden.

Können Sie Bestrebung­en erkennen, dass so etwas auch umgesetzt wird?

Ich bin sehr optimistis­ch, weil das immer mehr Menschen wollen. Wir erkennen, dass das Stadtleben etwastolle­s ist, aber eben auch mit gesundheit­lichen Risiken verbunden ist. Das fehlende Grün, diese knallharte­n Betonfläch­en können chronische Stresssitu­ationen auslösen, das wissen wir aus neurobiolo­gischen Studien. Grüne Flächen dagegen aktivieren neuronale Mechanisme­n, die uns in die Entspannun­g bringen. Städte wären einfach viel lebenswert­er und viel gesünder, wenn sie grüner wären. Bis es soweit ist, sollte jeder die Stadtwälde­r bewusst nutzen und in die Natur eintauchen.

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