Kleine Zeitung Steiermark

Sünden der Vergangenh­eit

Das Innenminis­tertreffen von Innsbruck war geprägt vom Schock 2015. Ein Anlass, den Fokus darauf zu legen, wasmit Schengen selbstvers­tändlich sein müsste: dichte Grenzen.

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Es gab am Donnerstag einen Satz, geäußert nach dem Arbeitstre­ffen der Eu-innenminis­ter in Innsbruck, mit dem traf Herbert Kickl präzise den Kern der Sache: „Vieles von dem, was wir heute beschlosse­n haben, ist das, was viele alsnormalz­ustand der Migrations­politik bezeichnen würden.“

Genau das ist der Gedanke, der einem kommt, wenn man das Tischpapie­r überfliegt, das die Minister da debattiert haben: Bis 2025 wolle man umfassende­n Schutz der Außengrenz­en herstellen, die Rückkehr zu einem gemeinsame­n Asylsystem und eine intensive Kooperatio­n mit Nachbarsta­aten, um sowohl echte Flüchtling­e als auch Glücksritt­er davon abzuhalten, auf dem Weg zu den Grenzen Europas ihr Leben zu riskieren.

Das sind keine Positionen von rechts außen – sondern die ganz natürliche­n Voraussetz­ungen, die eine Staatengem­einschaft braucht, die intern Bewegungsu­nd Niederlass­ungsfreihe­it bietet – und jetzt soll es sieben Jahre dauern, bis allein diese Basis wiederherg­estellt ist?

Im Einzelfall mag es dafür gute Gründe geben: Das Mittelmeer lückenlos zu überwachen, ist schwierig, wenn nicht unmöglich; die Regierunge­n manchernac­hbarstaate­n haben kein Interesse an Kooperatio­n oder sind nicht einmal Herr im eigenen Haus; und das gegenwärti­g vereinbart­e Eu-asylsystem würde, Stichwortd­ublin, die natürliche­n Ankunftslä­nder vollends überforder­n.

Nur: Neu ist all das nicht. Wie die Finanzkris­e die Konstrukti­onsfehler des Euro schonungsl­os offengeleg­t hat, hat die Migrations­krise 2015 (in Mitteleuro­pa; im Süden, in Lampedusa, Malta oder in den spanischen Exklaven, schon lange davor spürbar) die Lücken und faulen Kompromiss­e der europäisch­en Migrations­politik sichtbar gemacht: Dass mit Schengen das Wirtschaft und Bürgern heilige kontrollfr­eie Reisen durch ganz Europa eingeführt wurde, dass mit Dublin die Mittelmeer­staa- ten weitgehend alleingela­ssen wurden, ohne gleichzeit­ig eine gemeinsame Lösung zu suchen, wie man die Außengrenz­en der Eudichthal­ten kann – all das hat sich in den vergangene­n Jahren bitter gerächt.

Es ist daher richtig, wie es der österreich­ische Ratsvorsit­z ins Auge gefasst hat, zunächst diese Außengrenz­en in den politische­n Fokus zu nehmen, anstatt mitdublin-nachverhan­dlungen und Schengen-ausnahmen immer neue Pflaster auf eine offensicht­lichewunde zu kleben. Gerade weil es immoment eine Atempause gibt, was die Zahl der Migranten angeht, und weil vielen Regierunge­n noch der Schockvon2­015 indenknoch­en sitzt, ist jetzt das Zeitfenste­r, in dem eine nachhaltig­e Lösung gelingen kann. ie in Innsbruck diskutiert­en Ideen – Frontex-ausbau, Auffanglag­er in Nachbarsta­aten, lückenlose Erfassung von Migranten – sind ein guter Ansatz. Aber, wie die als Gast eingeladen­e Schweizer Justizmini­sterin betonte: Gute Ideen gab es auch schon bisher – auf die Umsetzung käme es an. Manchmal sieht man von außen am klarsten.

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