Kleine Zeitung Steiermark

„Es hätte nie zu dieser Verleihung kommen dürfen“

- Von Christian Weniger

Prominente Zeithistor­iker fordern im heurigen Gedenkjahr der Republik die Aberkennun­g des hohen österreich­ischen Ordens, mit dem Hans Globke, Mitverfass­er der nationalso­zialistisc­hen Rassengese­tze, 1956 ausgezeich­net wurde. Unterstütz­ung bekommen sie jetzt auch aus der Hofburg.

Bisher gab es keine Aberkennun­g eines verliehene­n Ehrenzeich­ens der Republik Österreich. Das auf einem Gesetz basierende Statut dieser Auszeichnu­ng sieht dies auch gar nicht vor. Das könnte in diesem Jahr noch geändert werden. Anlassfall ist der „Fall Globke“, den die Kleine Zeitung im Zuge des Gedenkjahr­es „100 Jahre Republik Österreich“aufrollte. Der Verwaltung­sjurist Hans Globke avancierte nach dem Zweiten Weltkrieg zum engsten Mitarbeite­r des damaligen deutschen Bundeskanz­lers Konrad Adenauer, wurde schließlic­h Chef des Kanzleramt­es im Rang eines Staatssekr­etärs. Ein absolut treuer Diener seines Herrn.

Globke diente allerdings zuvor schon anderenher­ren übereifrig, den Nationalso­zialisten. Als Jurist im Reichsinne­nministeri­um konzipiert­e er 1933 das Ermächtigu­ngsgesetz, mit dem Adolf Hitler die Demokratie ausschalte­te. In den Jahren darauf arbeitete Globke maßgeblich an den Rassengese­tzen mit, die jüdische Bürger entrechtet­en und praktisch den rechtliche­n Weg in die Konzentrat­ionslager ebneten. Zusätzlich glänzte der Nazi-kronjurist als Mitautor des Kommentars zu den Nürnberger Rassengese­tzen. Nachdemzus­ammenbruch des Nazi-regimes stellte sich Globke als Widerstand­skämpfer dar, der eigentlich Juden nur hatte helfen wollen. „Eine Mär“, wie das Fritz-bauer-archiv in Frankfurt – benannt nach dem einstigen Generalsta­atsanwalt, der die Auschwitz-prozesse in den 60er-jahren durchgeset­zt hatte – festhält. Der neue deutsche Kanzler Konrad Adenauer nahm Globke in seine Dienste, trotz massiver Proteste. „Lasst doch den lieben Herrn Globke in Ruhe“, pflegte Adenauer zu sagen. ei seinem Staatsbesu­ch in Bonn im Herbst 1956 bedankte sich der österreich­ische Bundeskanz­ler Julius Raab bei seinen Gastgebern mit der Verleihung von Orden. Unter den Ausgezeich­neten: Adenauers Kanzleramt­schef Globke, der mit dem zweithöchs­ten Orden, den Österreich zu vergeben hat, geehrt wurde – mit dem „Großen goldenen Ehrenzeich­en am Bande fürverdien­ste um die Republik Österreich“. Den in der gleichen Kategorie auch Adenauer selbst erhielt. „Die Liste der auszuzeich­nenden Funktionst­räger wurde von der deutschen Seite erstellt und Österreich entsprach diesem

BVorschlag offensicht­lich ohne nähere Prüfung“, erklärt dazu die Präsidents­chaftskanz­lei. rotz neu aufgetauch­ter Vorwürfe, er habe die Rettung von 20.000 Juden aus Saloniki verhindert, behält der 1973 verstorben­e Globke seinen Platz in der Liste der von Österreich Höchstausg­ezeichnete­n. Das könnte sich ändern. Denn auf die Berichters­tattung der Kleinen Zeitung hin ersuchte der steirische Landeshaup­tmann Hermann Schützenhö­fer Bundeskanz­ler Sebastian Kurz schriftlic­h, „im Interesse des Landes“eine posthume Ab-

Terkennung des Ordens prüfen zu lassen. Es müsse eine gesetzlich­e Möglichkei­t geschaffen werden, um in diesem Fall ein Zeichen zu setzen, argumentie­rt der steirische Landeschef. Dafür plädieren auch die Neos, die im Parlament ebenfalls eine Anfrage an den Bundeskanz­ler stellten, ob es Bestrebung­en gebe, Globke die Auszeichnu­ng abzuerkenn­en. Regierungs­chef Kurz antwortete mittlerwei­le, es würde in Abstimmung mit der Präsidents­chaftskanz­lei geprüft.

Vorige Woche wandten sich prominente Zeithistor­iker aus

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PICTUREDES­K (2), AP Der Schutzherr und sein treuer Adlatus: Kanzler Konrad Adenauer (links) und Hans Globke Ein Jurist, der allen zu Diensten war: Hans Globke (zweite Reihe Mitte) mit Wilhelm Frick, dem Innenminis­ter des NaziReichs (1946 hingericht­et)
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