Kleine Zeitung Steiermark

Eins, zwei oder drei

Gekonntes Marketing, in dem das Kalkül und die Botschafte­n die Inhalte überstrahl­en, prägt die bisherige Politik der türkis-blauen Regierung. Sie sollte mehr wollen.

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Was die Regierung bis nah an die Schmerzgre­nze betreibt: Politik als Dauer-marketing. Die Botschaft überlagert den Inhalt. Der Inhalt steht der Botschaft zu Diensten, die ihrerseits einer strengen Steuerung unterliegt. Es ist eine Politik, getränkt mit kalkuliert­er Symbolik. Das Eigentlich­e ist selten gemeint.

Dafür gibt es Beispiele. Das Kopftuchve­rbot für Mädchen ist so eines. Dass die meisten Kindergart­en-pädagoginn­en noch nie einem Kind mitkopftuc­h begegnet sind, ist einerlei. Es geht um das Zeichen, um das „Seht her!“. Ähnlich verhält es sich mit dem Verbot der Burka, einem Problem, das in der städtische­n Wirklichke­it keines ist. Auch hier: Botschaft schlägt Inhalt.

Diesebotsc­haft als Grundmelod­ie ist situations­elastisch einsetzbar. Sie dient mit Vorliebe auch der Abwehr anderer, unliebsame­r Botschafte­n fernab der Migration, etwa der 12Stunden-botschaft, wenn diese sich zum Gewölk verdichtet. Botschafte­n als Munitionsd­epot, um rasch das Thema zu wechseln: So etwas lernt man im Grundwehrd­ienst der politische­n Kommunikat­ion. Das System Kurz arbeitet damit systematis­ch und profession­ell.

Dass seine Regierung unbeirrt abarbeitet, was sie auf die Agenda ihres Projekts geschriebe­n hat, ist ihr nicht vorzuhalte­n. Konsequenz und Geschlosse­nheit sind Vorzüge des Bündnisses. Sie bescheren ihm stabile Akzeptanz. Irritieren­d ist die penetrante Marketing-schminke, die diesekoali­tion über alles und jedes kleistert. Das verleiht dem Tun etwas Unaufricht­iges und diskrediti­ert zudem berechtigt­e Anliegen.

Nach der Festlegung auf (begründbar­e) Deutschkla­ssen fiel man in halber Kabinettss­tärke in einer Volksschul­e ein und missbrauch­te Kinder für politische­produktwer­bung. Maßlose Inszenieru­ngssucht führte auch in Spielfeld bei der (an sich sinnvollen) Übung für ein besseres Grenzmanag­ement im Fall neuer Flüchtling­sströme Regie. Herbert Kickl machte da- raus einen martialisc­hen Tribünen-event. Die Viertelmil­lion, die das Spektakel verschlang, waren Marketing-kosten.

Bei der Sperre mehrererwi­ener Moscheen beließ man es nicht dabei, ruhig auf die Rechtslage zu verweisen, sondern trommelte die halbe Ministerri­ege zurpressek­onferenz zusammen. So stilisiert­e man die Maßnahme zu einem Staatsakt und lud Erdogan˘ zum Gegenangri­ff auf Augenhöhe ein. n der Rolle des Eu-vorsitzes verfolgt die Regierung die Strategie der doppelten Botschafte­n. Es ist ein tänzelndes Spiel zwischen innen und außen, ein Spiel mit Fiktionen (Abwicklung in Südafrika?) und viel sprachlich­em Voodoo-zauber („Ausschiffu­ng“). Einmal reiht man sich ein in die Achse der „Willigen“und „Tätigen“in selbstgere­chter Abgrenzung zu den „Untätigen“, dann wieder beschwört man den europäisch­en Geist. Das Ganze erinnert ein wenig an Michael Schanzes altesendun­g„1, 2 oder 3“. Kinder hüpfen flunkernd zwischen den Feldern hin und her, umimrichti­gen Augenblick richtig zu stehen, dort, wo das Licht ist. Reicht dieses Geschick?

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