Odysseenund das Prinzip Hoffnung
Solisten trugen Kostüme aus Jeansstoff, die Choristen aus Grazer Ensembles und aus 14 Nationen (Einstudierung: Franz M. Herzog) und die Instrumentalisten kamen in
Denim, und selbst
Andrés Orozco-estrada dirigierte in Jeansjacke statt im Frack.
Ampult des hellwachen styriarte-festivalorchesters zeigte der Kolumbianer schon in der Ouvertüre seinen Zugang zur Nummernoper: frisch, zupackend, das Aufwühlende und Lyrische fein austarierend. Der fehlende Graben in der ListHalle machte es den Sängern nicht leicht. Mühelos konnte sich nur Jochenkupfer als fieser Don Pizarro mit dem Dynamit seines Baritons durchsetzen. Jan Petryka als vergeblich buhlender Pförtner Joaquino, Tetiana Miyus als seine naive Angebetete Marzelline und Thomas Stimmel als Kerkermeister Rocco mit der Rechten in der Armschlinge waren schon edle Besetzungen, die Adrian Eröd als spät auftretender Minister Don Fernando mit Grandezza ergänzte.
Johannes Chum gab beim „Heimspiel“den gebrochenen Florestan mit nuanciertem Tenor. Johanna Winkel, für Dorothea Röschmann eingesprun- Andrés OrozcoEstrada gen, sang die Leonore, die als Fidelio in Männerkleidung ihren Gatten aus dem Kerker befreit und vor dem Dolch des intriganten Pizarro schützt, die deutsche Sopranistin stand sich mit ihrer stocksteifen Darstellung aber selbst im Weg. Eine Prise mehr Regie hätte nicht geschadet, schon gar wider das Rampensingen, als sich die Liebenden mit eher „untergroßer Lust“endlich wiedererkennen.
In Summe aber eine richtige und wichtige Produktion der styriarte. Für das Ensemble und einige der interviewten Flüchtlinge gab es viel Applaus vom berührten Publikum, darunter die Salzburger Festspielpräsidentin Helga Rabl-stadler und Roland Geyer, Intendant des Theaters an derwien.
Postskriptum: Ein paar Zuschauer verließen im 1. Akt lautstark den Saal. Und bei der styriarte liefen schon Beschwerdemails ein: Man hätte eine deutsche Oper sehen wollen und keine Flüchtlinge und fordere das Eintrittsgeld zurück ...
Es gibt noch viel zu tun.
Im Hörfunk: 29. Juli, 20.04 Uhr, Radio Steiermark.