20 Jahre Lassing
Serie, Teil 1
Ein Unglück und seine Folgen.
Zehn Steinplatten, aufgefächert zu einem Kreis. Zehn verschiedene Namen. Zehn verschiedene Geburtsdaten der Jahrgänge 1952 bis 1973. Ein gemeinsamer Sterbetag: 17. Juli 1998 – der Tag, an dem sich die Erde in Lassings Ortsteil Moos zu einem großen Loch öffnet. Häuser, Bäume, einen Bagger, einen Strommast, Teile der vorbeiführenden Straße verschluckt. Und elf Menschen. Nur einer wird diese Apokalypse überleben.
Jeder im Ort – und eigentlich auch alle, die man darüber hinaus fragt – wissen noch heute, wo sie damals waren. Wo sie an diesem 17. Juli 1998 vom Unglück erfuhren. Was sie an diesem Freitag gemacht haben, als die größte Bergwerkskatastrophe der österreichischen Nach- kriegsgeschichte ihrenausgang nahm.
„Wir sind nach dem Einkaufen beieinandergestanden und haben uns gefragt, was die Feuerwehrautos da sollen“, erinnert sich Emilie Zeiser. Wenig später, daheim in Altlassing, läutet dastelefon. Der Gemeindesekretär schlägt nervös Alarm: „Der Bürgermeister muss kommen, in Moos is’ was los!“Bernhard Zeiser, damals bereits seit zwanzig Jahren Ortschef, verabschiedet sich ohne Mittagessen von seiner Frau. Es ist der Auftakt zu „den schwersten Tagen meiner Amtszeit“. „Was haben wir angestellt, dass wir so bestraft werden?“, wird Zeiser gut 16 Stunden später am Heimweg in Gedanken in die finstere Nacht schreien.