Zukunft geben will
Der Papst hat zuletzt mit dem Nein zum Frauenpriestertum und zum deutschen Papier über die Kommunion für evangelische Ehepartner für Aussehen gesorgt. Ist es Vorsicht oder eine kluge Strategie von Franziskus?
Papst Franziskus macht Ferien. Das heißt, Jorge Bergoglio hält sich im vatikanischen Gästehaus Santa Marta auf. Dort fallen den Sommer über die frühen Morgenmessen aus, im Juli gibt es keine Generalaudienzen auf dem Petersplatz. Der einzige größere Termin im Sommer für Franziskus ist eine Fahrt am 25. August zumweltfamilientreffen in Dublin. Ansonsten versucht der Papst durchzuatmen, Freunde zu empfangen, zu lesen und Musik zu hören. Eine neue apostolische Konstitution zur Reform der Kurie muss redigiert, ein Thema für die nächste Enzyklika gefunden werden. Imherbst beginnt die Jugendsynode inrom, im Jahr darauf die Amazonas-synode. Beide Bischofstreffen sind die Horizonte des 81 Jahre alten Franziskus.
Möglicherweise blickt der Papst auch ein wenig zurück. Wenn er ehrlich mit sich ist, wird ihm auffallen, dass er zuletzt selbst für einige Turbulenzen in der katholischen Kirche gesorgt hat. Das Schreiben Amoris laetitia und die klammheimliche Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur Kommunion gehören dazu. Zuletzt sorgte die Debatte um die Kommunion für evangelische Ehepartner für Streit. Immer ist die Kommunion mit im Spiel, weil sich in diesem Sakrament das eigentliche Verständnis von Kirche herauskristallisiert. Wer bekommt unter wel- chen Umständen den Leib Christi? Man kann die Frage streng beantworten oder großzügig.
Franziskus will die Kirche verändern, manche behaupten auch, zugrunde richten. Das ist gewiss richtig, wenn man das auf ihre gegenwärtige Form bezieht, ihre Starrheit und Unfähigkeit, Antworten für die Gegenwart zu haben. Beim Abarbeiten essenzieller Detailfragen wie den obigen schlittert der Papst immer wieder ins Chaos. Die deutschen Bischöfe haben inzwischen ihre Handreichung als unverbindlichen Ratgeber veröffentlicht. Franziskus schien nach dem Besuch in der römischen Christuskirche 2015 der Interkommunion erst freien Lauf zu lassen mit seinem „Seht selbst!“. Als sich die deutschen Bischöfe dann dieses Frühjahr aus der Deckung wagten, kassierte Rom das Schreiben zunächst, um die Frage universalkirchlich zu klären. Dann wiederum meinte derpapst, niemand sei da gebremst worden, das Dokument sei gut. „Ein bisschen Verwirrung“, herrsche, das gibt sogar Franziskus höchstpersönlich zu. erwirrung ist in streng katholischen Kreisen ein Zeichen für daswerk des Teufels. Für Papst Franziskus gehört Verwirrung hingegen zum Programm, wobei diese Haltung es seinen Kritikern leicht macht, eine gewisse Personalunion zwischen Papst und Beel-
Vzebub zu erkennen. „Hacer lío“, Unruhe stiften, lautet das eigentliche Mantra seines Pontifikats. Das ist kompliziert für die vernunft- und ordnungsgläubige Masse. Dochwenn überhaupt, dann ist das schwerfällige katholische Kirchenschiff nur auf dieseweise von der Stelle zu kriegen. ranziskus ist natürlich nicht unfehlbar. Er macht Fehler, wie alle Fehler machen. Im Gegensatz zu den meisten Führungsfiguren versteckt er diese nicht. Die vielleicht schärfste Auseinandersetzung erwartet die Kirche in der Frage der Ordination verheirateter Männer und von Frauen. Franziskus steht der Weihe sogenannter Viri probati aufgeschlossen gegenüber, das Frauenpriestertum lehnt er ab. Franziskus wäre aber nicht Franziskus, wenn er nicht doch eine Hintertüre offen gelassen hätte. Bei der Amazonas-synode werden die Bischöfe auch darüber diskutieren, welche Rolle Frauen in den Weiten des Amazonas übernehmen können. Das steht im vorbereitenden Vatikandokument. Allen, die an eine glasklare und schablonenhaft verwendbare Doktrin gewöhnt waren, verlangt das Pontifikat scheinbar Unmenschliches ab, nämlich das Infragestellen der eigenenwahr- und Gewissheiten. Das Leben verändert sich. Und wenn die Kirche etwas mit dem Leben zu tun haben will, muss auch sie sich verändern.
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