Trump ohne Trumpf
Der Us-präsident hat den kühlen Machtstrategen aus dem Kreml sträflich unterschätzt. Vor den Kameras derwelt ließ er sich vorführen. Es glich einer Horrorshow.
Er hat ihn gefragt. Aber Putin hat Nein gesagt. Keine Troll-angriffe auf soziale Netzwerke, keine Hacker-attacke auf die Rechner der Demokraten, kurzum: keinerlei Einmischung in den Us-wahlkampf. „Er hat gesagt, dass Russland es nicht war“, erklärte Trump nach seinem Gespräch mit dem russischen Präsidenten treuherzig: „Und ich sehe keinen Grund, warum sie es gewesen sein sollen.“Man muss zweimal durchatmen, um die Ungeheuerlichkeit dieser Szene zu erfassen: Seit zwei Jahren liefern Us-geheimdienste immer neues Material, aus dem hervorgeht, dass Personen in St. Petersburg und Moskau gezielt und massiv versucht haben, die Präsidentschaftswahlen in den USA zu beeinflussen. Unklar ist nur, ob die Aktion von Putin angeordnet worden war. Aber ein fremdes, autokratisch regiertes Land hat versucht, das höchste Gut jeder Demokratie zu stören – die freie, gleiche Stimmabgabe seiner Bürger.
Und was macht der Us-präsident bei seiner Begegnung mit dem fremden Staatschef? Er relativiert, befeuert Verschwörungstheorien, kritisiert die heimische Opposition und stellt sich gegen seine eigenen Behörden auf die Seite des Autokraten. Keine Kritik, nicht einmal eine Ermahnung, nichts.
Der von Trump seit Monaten angepriesene Gipfel hat den denkbar schlechtesten Verlauf genommen. In der Sache hat er keine Fortschritte gebracht. Zwar prahlte Trump wie üblich: „Es lief sehr gut!“Doch schon sein Verzicht darauf, die Begegnung zum bedeutendsten Ereignis des Jahrhunderts zu verklären, war verdächtig. Tatsächlich hatten die Präsidenten in ihrer Pressekonferenz kaum mehr als Plattitüden zu verkünden.
Das Treffen mit Putin werde seine einfachste Übung sein, hatte Trump vorher herausposaunt. Offensichtlich hat er den kühlen Machtstrategen sträflich unterschätzt. Während der Us-präsident im Vorfeld mit seiner Kritik an der Nato, den Attacken gegen Deutschland und der Diffamierung der EU als „Feind“den Russen in die Karten gespielt hatte, blieb Putin mit maliziösem Lächeln eisenhart. Erst ließ ertrumpwarten, dann widersprach er ihm offen in der Iran-politik und bei der Gas-pipeline Nordstream 2, und warf ihm schließlich einen Wm-ball zu, woraufhin Trump erklärte, die USA wollten 2026 versuchen, ein ähnlich guter Gastgeber zu sein wierussland. Je länger die Fragerunde dauerte, desto mehr schien Trump zudem von seiner aberwitzigen Selbstfixierung übermannt zu werden. „Wir haben eine brillante Kampagne gemacht. Deshalb bin ich Präsident.“utin hatte die letzte Antwort schon beendet, als Trump noch einmal nach dem Mikrofon griff: „Das Ganze ist eine komplette Hexenjagd“, stieß er aus. Alszuschauer fühlte man sich in einer Horrorshow. Bislang schien die Vorstellung, dass in Moskauer Panzerschränken kompromittierendes Material gegen einen Us-präsidenten schlummern könnte, in die fiktive Welt der Agenten-thriller zu gehören. Nach dieservorstellung ist man sich nicht mehr so sicher.
PPRESSESCHAU