„Mandelamusste erst zu einem Gandhi reifen“
Der südafrikanische Nationalheld war auch ein Held mit Makeln. Sein Biograf Stephan Bierling hält aber vor allem seinen Wandel für mustergültig.
Interview: Ingo Hasewend
vermarkten. Seine zweite Frau Winnie zum Beispiel hat in den Neunzigerjahren Erde aus dem Garten ihres gemeinsamen Hauses in Soweto als sogenannte „Heldenerde“in Fläschchen abgefüllt und an ausländische Touristen verkauft. Mandela wegen seiner außergewöhnlichen politischen und moralischen Bedeutung für Südafrika und die Welt zu vermarkten, treibt irre Blüten.
Sie beschreiben in Ihrer Biografie „Nelson Mandela“auch seine Schattenseiten. Ist dieser Nationalheld kein makelloser Held?
Natürlich ist kein Held völlig makellos. Für einen Wissenschaftler wie mich gibt es keine Wunder und keine Übermenschen. Ich versuche, Mandela mit all seinen gigantischen Leistungen, aber auch mit seinen Schwächen zu zeichnen.
Sie schreiben, dass er als junger Mensch Sabotagen plante, den bewaffneten Kampf befürwortete, der kommunistischen Partei angehörte. Das klingt eher nach Fidel Castro oder Robert Mugabe und weniger nach Gandhi. Warum hat er sich von dieser Vergangenheit nie distanziert?
Mandela hat nach langen Jahren des gewaltfreien Widerstandes von 1960 an – in den drei Jahren, in denen er noch in Freiheitwar – auf einen militanten Kurs gesetzt. Er nahm Castros Revolu- tion in Kuba 1959 zum Vorbild für seinen Kampf gegen die Apartheid. Mandela arbeitete mit militanten Gruppen zusammen, vor allem mit den Kommunisten in Südafrika. Und er warb um Geld- undwaffenhilfe von Widerstandsbewegungen aus ganz Afrika, von der Sowjetunion und von China. Mandela, der uns später als der Friedensbringer und Versöhner bekannt wurde, hat ganz anders begonnen. Von seiner gewaltbereiten und kommunistischen Vergan-