Die neun reiten wieder
Lang haben sich die Landeshauptleute mit Forderungen nach Förderungen zurückgehalten. Das ist jetzt vorbei: Wenn esumsteuermillionen geht, fallen sie zurück in alte Muster.
Es hat ja eh lange gedauert, denkt sich der gelernte Österreicher: Gut ein halbes Jahr lang hat es die neue Regierunggeschafft, ohnegrößere Proteste ausdenövp-regierten Ländern Politik zu machen.
Ein Luxus, der Vorgängerkoalitionen lange nicht vergönnt war. Jenen, in denen sich jahrzehntelang eingesessene Landeshauptmänner zu Recht mehr im Pilotensessel fühlten als diewechselndenobmänner, die von ihren Gnaden in Wien amtieren durften.
Ein Punkt, an dem die Regierung Kurz-strache noch nicht angekommen ist. Aber es wird ein Gradmesser dafür, wie sehr sie in den nächsten Jahren ihr Reformprogramm umzusetzen vermag, ob sie es in den kommendenwochen schafft, sich gegen die Begehrlichkeiten der Länder durchzusetzen – oder ob die Koalition vor der Macht der neun einknickt.
Es geht, wie fast immer, wenn es im föderalen Gefüge kracht, umssteuergeld und darum, wer es verteilen darf: wer für Ausbau und Ausstattung von Kindergärten aufkommt und wer für zusätzliche Lehrer, die er selbst bestellt hat.
Das erste Scharmützel in diesem Gefecht haben die Länder schon errungen. Darin nämlich, wie über ihre Forderungen gesprochen wird: Wenn von den 140 Millionen Euro dierede ist, die der Bund ihnen bisher für Ausbau von Kindergärten und Krippen überwiesen hat, für zusätzliche Sprachförderung und das verpflichtende Kindergartenjahr, schwingt dabei immer mit, dass es sich um eine Erbpacht der Länder handle, um Geld, das ihnen zustünde.
Nobel unter den Tisch fallen lassen die Landeshauptmänner, die sich bisher zuwort gemeldet haben, dass dieverantwortung für Kindergärten zuallererst einmal bei ihnen selbst liegt, in den Ländern und Gemeinden. Nur weil der Ausbau der Betreuungsmöglichkeiten den vorigen Regierungen nicht schnell genug gegangen ist, weil die Gemein- den und Länder zu langsamwaren, Kleinkinder- und Nachmittagsplätze zur Verfügung zu stellen, hat sich der Bund entschlossen, hier eine finanzielle Karotte auszuhängen, ein „Incentive“, um im internationalen Vergleich nicht zurückzufallen.
Auf Dauer angesetzt waren diese Maßnahmen aber nicht – weswegen die entsprechenden Verträge zwischen Bund und Ländern, die 15a-vereinbarungen, immer nur für ein Schuljahr abgeschlossen wurden.
Jetzt kann man schon finden, dass vor allem in ländlichen Regionen noch mehr Betreuungsmöglichkeiten geschaffen gehören – aber der Ansprechpartner dafür sind eben primär die Länder und Gemeinden selbst: Wer sich mit vorbildlichen Landeskindergärten und Öffnungszeiten brüstet, soll auch in seinem eigenen Budget das Geld dafür finden.
Ja, wenn der Bund bestimmte Leistungen – etwa das Gratiskindergartenjahr – bestellt, dann soll er auch dafür bezahlen. Aber so zu tun, als gäbe es ein grundsätzliches Anrecht, dafür Dutzende Millionen an Zuschüssen vom Bund zu bekommen, ist unredlich.