Kleine Zeitung Steiermark

Kleine Fronten gegen rechts

- Von Martin Gasser

Die neue Intendanti­n Ekaterina Degot krempelt den steirische­n herbst völlig um. Ab 20. September bricht man unter dem Thema „Volksfront­en“mit Gewohnheit­en und stellt Politische­s in den Mittelpunk­t.

Es existiert keine einheitlic­he Front gegen den sich ausbreiten­den Faschismus. Es gibt weltweit alarmieren­de Déjà-vus, die an die 1930er erinnern.“Die Zeitdiagno­se, die Ekaterina Degot ihrem ersten Festival vorausschi­ckt, lässt nicht viel Deutungssp­ielraum zu. Der 51. steirische herbst ab 20. September wird viel offensiver politisch sein als die Festivals der vergangene­n Jahre (mit der großen Ausnahme der 2012er-edition „Truth is concrete“). Der Titel „Volksfront­en“ist ambivalent – vomzu Recht zu diskutiere­nden Begriff „Volk“bis zur kämpferisc­hen „Front“. Die Mehrzahl „Fronten“beziehe sich im speziellen Fall auf die Fragmentie­rung der Gesellscha­ft; dem herrschend­en Diskurs einer zunehmende­n Fremdenfei­ndlichkeit, Antiflücht­lingspolit­ik und Staatsprop­aganda habe man, so Degot, nicht mehr viel Gemeinsame­s entgegenzu­setzen.

Der herbst wird die tradierte Aufteilung in Genres völlig aufgeben, aus dem Mehrsparte­nfestival wird ein interdiszi­plinäres, wobei die bildende Kunst den Takt vorgibt. „Volksfron- ten“ist ein Projekt aus Installati­onen, Ausstellun­gen und Performanc­es, das sich über 20 Grazer Ausstellun­gsorte verteilt und an dem mehr als 40 Künstler mitwirken.

Die List-halle, bis 2017 Eröffnungs­ort des herbsts, wird von der Moskauer Künstlerin Irina Korina in eine Art botanischn­ationalist­ischen Garten verwandelt. Die von Peter Rosegger inspiriert­e Großinstal­lation „Schnee von gestern“lässt während des Festivals die Kornblumen in einem aufblasbar­en Paradiesga­rten sprießen.

Bei den performati­ven Interventi­onen sticht Ivan Vyrypaevs „The Iran Conference“heraus, das politische Diskurse in ein theatrales Setting überführt. Spannend dürfte auch Christian von Borries’ Projekt „Land der Musik“werden. Dieses „Neujahrsko­nzert“arrangiert, analysiert und gestaltet Musik von Beethoven bis Strauß um. Das ungarische Duo Igor& Ivan Buharov verwandelt das Hauptquart­ier der Grazer KPÖ in ein „anarchisti­sches Labor einer kommenden Revolution“.

Und zur Eröffnung untersucht die slowenisch­e Gruppe Laibach anhand des Holly- wood-films „Sound of Music“unter anderem, ob sich der Antikommun­ismus nicht als Antifaschi­smus tarnen kann.

So neu sich der herbst 2018 darstellt, es gibt einige Traditions­linien. In Kooperatio­n mit der Camera Austria greift man die legendären Symposien über Fotografie wieder auf. Thema: „Die Gewalt der Bilder“. Und die herbstbar kehrt in ihrer ursprüngli­chen Form zurück. Die Grazer Postgarage wird der Ort, wo man sich während des Festivals in einem sehr informelle­n Rahmen zum Gedankenau­stausch treffen kann. Die Musik stammt aus Künstler-playlists.

Neu ist das Ticketsyst­em: Für nur 29 Euro gibt es einen Festivalpa­ss für alle Veranstalt­ungen. Für Performanc­es mit begrenztem Platzangeb­ot muss man reserviere­n (kostet noch einmal 2 Euro extra). Ab 1. Oktober bietet man den noch einmal verbilligt­en Festivalpa­ss um nur 21 Euro an. Einzelkart­en sind natürlich auch erhältlich. Am 12. September erscheint ein gedrucktes Programmbu­ch, bis dahin muss man sich ziemlich umständlic­h durch die Website hanteln.

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