Internet-sheriff Europa
Mit hohen Strafen versucht die EU nun Exzesse von Google & Co. einzudämmen. Europa profiliert sich alswettbewerbspolizei, doch die Spielregeln machen weiter andere.
Wie passend: Ein kleines grünes Männchen dient Google als Markenzeichen für sein Betriebssystem Android. An eine – vollends geglückte – Invasion von Marsianern erinnert die Marktdurchdringung, mit der Android die Smartphones, Tablets und Co. dieser Welt beglückt. Lediglich Apples Betriebssystem IOS leistet dem grünen Google-monster Widerstand.
Die Masche des Us-internetkonzerns, Betriebssysteme und andere Dienstleistungen zu verschenken, um später als Monopolist die Ernte einzufahren, ließ Google auch auf Mobilgeräten zum Gigantenwachsen. Die Datensaugmaschine aus dem Silicon Valley hat schon zuvor die Verwaltung der Internetwelt vollends übernommen. Über 90 Prozent Marktanteil hält die Google-suchmaschine – ihr Raster entscheidet mit, wer was zu Gesicht bekommt.
Nun also Android: Hinter der Software, die 86 Prozent aller Mobiltelefone zum Laufen bringt, verbirgt sich ein ungeheuer mächtiges Instrument. Die Gerätehersteller sind auf das Wohlwollen Googles angewiesen – die Amerikaner wis- sen ihre Machtposition auszunutzen. Google mit seinen vielen Tools und Programmen zu umgehen ist quasi unmöglich. Mitbewerber werden systematisch ausgeschaltet, die Nutzung des Betriebssystems mit jener der eigenen Apps verknüpft. Die Google-suche, der Google-browser – sie finden sich auf jedem Android-gerät. Und reichen Verbote nicht aus, winkt man eben noch mit Geld.
Dass die EU über Google nun die mit Abstand höchste Kartellstrafe für ein Unternehmen verhängt, ist bemerkenswert, auch weil damit die ohnehin zahllosen Konfliktherde mit den USA zusätzlich befeuert werden. Sachlich gerechtfertigt ist das Pönale allemal, zumal fünf Milliarden Dollar Strafe selbst für Google nicht aus der Portokasse zu stemmen sind.
Spät, aber doch, signalisiert Europa den Silicon-valley-riesen also Wehrhaftigkeit. Deren Macht beruht vor allem auf Netzwerkeffekten: Das Internet belohnt Stärke und Macht – und marginalisiert alle anderen. Europas Gegenschlag kommt aber zu spät. Ob Amazon, Facebook, Microsoft, Apple oder Google: Die „Big Five“im Internet treiben ihre Offensive weiter systematisch voran, während sich im Osten Alibaba und Konsorten bereitmachen, um vom geschützten chinesischen Markt aus über die digitale Seidenstraße denwesten zu erobern. trafen verhängen allein ist folglich zu wenig. Europa hat diese Phase der Internetrevolution schlicht verschlafen, die Runde ging an Amerika. Eu-wettbewerbshüter können zwar gegen extreme Auswüchse der digitalen Netzwirtschaft und allzu offensichtliches Monopolistengehabe vorgehen. Die „The winner takes it all“Regel bleibt ungeachtet dessen weiter bestimmendes Prinzip.
Für Europa geht es nun darum, die nächsten Wellen digitaler Revolutionen, von künstlicher Intelligenz bis zu Blockchain, hellwach mitzugestalten. Um dann wieder obenauf zu schwimmen– und nicht endgültig unterzugehen.
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