Fußball ist nicht mehr nur ein Spiel
Mesut Özil war das Integrationsabziehbild des deutschen Fußballs. Sein Foto mit dem türkischen Präsidenten und sein Rückzug aus dem Nationalteam haben eine wilde Integrationsdebatte ausgelöst.
Es gab eine Zeit, dawarmesut Özil so etwas wie der fleischgewordene Integrationswunsch der Deutschen. Ein fußballerisches Ausnahmetalent aus dem Ruhrgebiet, das 2007 den Pass des Heimatlandes seiner türkischen Großeltern abgab, um die Staatsbürgerschaft seines Geburtslandes zu erhalten und sich damit für dessennationalteam entschied. Der Gelsenkirchener stand maßgeblich für das Bild von einem modernen, weltoffenen, ja bunten Deutschland. Und er war ein Schlüssel für die Spielfreude und den Erfolg der deutschen Mannschaft.
Doch an Özil entzündeten sich auch immer wieder Debatten, dieweit mehrwaren als nur die über individuelle Sperenzchen eines Superstars. Seine Reise nachmekka, sein Schweigen bei der Nationalhymne, sein fehlender Torjubel bei Spielen gegen die Türkei, seine runterhängenden Schultern bei einem schlechten Spielverlauf. An der Loyalität von Özil zu Deutschland wurde oft – von Medien und Fans – gezweifelt. Andersherum war er aber auch Reizfigur für die türkischstämmigen Deutschen und Türken Es ist sehr bedauerlich, wie sich Mesut Özil jetzt äußert. Damit spielt er denen einen Steilpass zu, dieunseredemokratie ablehnen hier wie dort. in Deutschland. Sie nahmen es ihm übel, dass er sich für Deutschland entschieden hat. Amdeutlichstenwurde dies bei einem Länderspiel im Berliner Olympiastadion, wo mehr Zuschauer der Türkei zujubelten als den Gastgebern. Özil wurde gnadenlos ausgepfiffen. iese Zerrissenheit bekam Özil viel stärker zu spüren als alle anderen Nationalspieler mit nichtdeutschen Wurzeln. Bei ihm war meist die Rede vom Deutschtürken, während bei anderen Spielern dies kaum erwähnt wurde. Özil hat das gewurmt, allerdings hat er nur selten öffentlich seinem Ärger freien Lauf gelassen. Ohnehin wirkte er bei Interviews und öffentlichen Auftritten immer
Deher fehl am Platz. Die Leichtigkeit, die er am Ball zeigte, fehlte dort immer. Ein wichtiger Grund, warum ihm die Herzen der Fans in Deutschland nicht immer so zuflogen wie in Madrid oder London, wo er in der Liga spielte. och dann entzündete sich mit einem Foto der Streit über die Integrationsikone Özil. Im Mai ließen sich er, Emre Can und Ilkay Gündogan bei einem Treffen in London mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan˘ in dessen Wahlkampf ablichten.
Auf dem Trikot von Gündogan stand auf Türkisch: „Respekt an meinen Präsidenten“. Gündogan, ebenfalls deutschernationalspieler, entschuldigte sich schnell: „Es war nicht unsere Absicht, mit diesem Bild ein politisches Statement abzugeben, geschweige denn Wahlkampf zu machen.“Özil aber schwieg – wie so oft.
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