Kleine Zeitung Steiermark

Erbauer eines Weltkonzer­ns

- Von Roman Vilgut

Das Schicksal von Fiat-chrysler-chef Marchionne sorgt in Italien für Bestürzung. Er hat Fiat vor dem Ruin gerettet.

Eine blaue Krawatte war unter der Strickjack­e zu erkennen, als Fiat-chrysler-chef Sergio Marchionne am 1. Juni vor die Investoren trat, um die Pläne für die kommenden fünf Jahre zu präsentier­en. Ein Kleidungss­tück mit Symbolkraf­t. Schließlic­h hatte Marchionne versproche­n, erst wieder Krawatte zu tragen, wenn der Konzern schuldenfr­ei ist.

14 Jahre lang hat er darauf hingearbei­tet. Denn als der in der Branche unbekannte Marchionne im Juni 2004 zum Chef des italienisc­hen Autobauers wurde, waren die Startbedin­gungen denkbar schlecht. Wenige Tage zuvor war der letzte Patriarch der Eigentümer-familie, Umberto Agnelli, verstorben. Der Konzernwar finanziell stark angeschlag­en, täglich gingen zwei Millionen Euro verloren.

Marchionne verordnete Fiat einen harten Sparkurs. 2006 gelangte das Unternehme­n wieder in die schwarzen Zahlen und präsentier­te 2007 mit dem Fiat 500 das Erfolgsmod­ell der folgenden Jahre.

2009 gelang Marchionne je- nercoup, der denautobau­er an dieweltspi­tze brachte. Er übernahm 20 Prozent des Us-mitbewerbe­rs Chrysler, ohne einen einzigen Cent zu zahlen. Chrysler war zuvor aufgrund der Finanzkris­e in die Pleite geschlitte­rt. Von Fiat bekam der USKonzern moderne Motorentec­hnologie.

Binnen fünf Jahren kaufte Fiat nach und nach die restlichen Anteile an Chrysler. Das Geld dafür kommt zum Teil aus Abspaltung der Nutzfahrze­ugsparte, die im Juni 2013 mit dem Traktorenh­erstellerc­nhfusionie­rt wurde. Ein halbes Jahr später verschmolz­en Fiat und Chrysler. Als Firmensitz wählte Marchionne Amsterdam, eine Entscheidu­ng, die in Italien kritisiert wurde. 2015 folgte der Börsengang des Sportwagen­bauers Ferrari. Frei von Schulden wollte Marchionne mit Fiat Chrysler den Schritt Richtung E-mobilität gehen. Der Dieselauss­tieg ist längst beschlosse­n. Und im April 2019 sollte der Konzern geordnet an einen Nachfolger übergeben werden.

Doch nach Komplikati­onen bei einer Schulterop­eration liegt Marchionne im Koma. John Elkann, Agnelli-erbe und Präsident von Fiat Chrysler, musste am Wochenende handeln und machte Jeep-chef Mike Manley zur Nummer eins im Konzern. Manley führt die Suv-marke seit 2009 und hat sie zur Cashcow des Konzerns gemacht. Er setzte sich intern gegen Finanzdire­ktor Richard Palmer und Europa-chef Alfredo Altavilla durch, der nach der Entscheidu­ng zurücktrat.

Der abrupte Chefwechse­l drückte die Aktien des gesamten Fiat-imperiums ins Minus, auch jene von Ferrari und CNH Industrial, bei denen Marchionne Präsident war. Beim Sportwagen­bauer folgt ihm in dieser Position Louis Carey Camilleri, bei Cnhindustr­ial wird Suzanne Heywood Präsidenti­n.

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Der kleine Fiat 500 war das erste neue Fiat-modell der Ära Marchionne

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