Kleine Zeitung Steiermark

Flaggschif­fs

- Von Michael Tschida

Die styriarte zieht 2018 hochzufrie­den Bilanz. Sie schaut aber nicht so zufrieden in die Zukunft. Eine Betrachtun­g in acht Punkten.

5.

Die styriarte wagte. Und gewann nicht alle für ihre politische Deutung von Beethovens Befreiungs­oper. Die meisten Zuschauer waren von der Idee angetan, mit dem Schicksal Florestans im Kerker auf das heutige Los von Asylwerber­n zu verweisen. Einige empfanden die Einspielun­gen der Videointer­views mit Flüchtling­en als Zumutung oder als Missbrauch der Musik, anderenwar­en sie zu aufgesetzt oder zeigefinge­risch. „Wir hatten so heftige Diskussion­en wie noch nie“, gesteht Huber, der einige der positiven wie negativen Publikumsr­eaktionen auf die styriarte-homepage stellte und in einem Sammelbrie­f auch beantworte­te (siehe styriarte.com/fideliorea­ktionen). Über Geschmack lässt sich streiten, über Kunst, Kultur, Musik auch. Gut so!

6.

Mit Thomas Höft und Karl Böhmer hat die styriarte zwei so ewig treue wie kompetente Dramaturge­n. Ihre vor Ideen strotzende­n Konzepte sind tragende Säulen des Festivals. Dass Höft, seit 24 Jahren

dabei, als Schauspiel­er aber längst nicht die Qualität erreicht wie als Kreativkop­f, spürt das Publikum und sollten das Festival und er selbst nach so langer Zeit auch spüren.

7.

Mit der List-halle hat die styriarte ein perfektes, heuer besonders oft genutztes Festivalze­ntrum. Damit aber auch einige Probleme am Hals. Für einige kleiner besetzte Ensembles ist sie trotz phänomenal­er Akustik atmosphäri­sch einfach zu groß. Die Parkplatzm­isere wurde diesmal durch die rege Bautätigke­it in der Umgebung noch verschärft. Der undiskrete Charme der Vorstadt lädt einfach nicht zum Verweilen. Und, damit einhergehe­nd: Vomfestiva­l ist in der Stadt leider fast gar nichts mehr zu spüren.

8.

Der heuer angelegte „Glücksgart­en“vor der List-halle könnte je nach Baufortsch­ritten in der Nachbarsch­aft auch noch 2019 als Platz zur entspannte­n Einstimmun­g auf die styriarte-ereignisse dienen. Bei der Gartengest­altung gäbe es allerdings noch sozusagen Gras nach oben. Blitzumfra­ge unter den Musikredak­teuren hier im Haus. M. G.: „Teletubbie­s-land“. M. T.: „Reizvoll wie eine Minigolfan­lage“.

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