„Die Loyalität zur neuen Heimat ist wichtig“
Mesut Özil war sich der Wirkung seines Auftritts mit Erdo˘gan nicht bewusst, meinen Leser.
Leitartikel: „Warum Özil nicht das Opfer ist“, 24. 7.
Sehr geehrter Herr Chefredakteur Patterer, ich stimme dem vollkommen zu, was Sie übermesut Özil schreiben, nur glaube ich, dass der begnadete Fußballer wie viele seiner Profi-artgenossen, z. B. der Brasilianer Neymar mit seiner theatralischen, durchsichtigen Hinfalltaktik beim kleinsten gegen ihn gerichteten Foul, aber auch unbekannte Immigranten aus verschiedenen Ländern, einfach nicht begreift, welche Debatte seine Widmung „Für ,meinen‘ Präsidenten“auf deutschem Boden auslösen würde.
Ich habe fast dreißig Jahre in den USA gelebt, hatte die meiste Zeit doppelte Staatsbürgerschaft, und es wäre mir während dieser Zeit als gebürtigem Österreicher nie eingefallen, in Amerika von „meinem“Präsidenten Schärf, Jonas oder Kirchschläger zu reden. „Mein“Präsident war immer der des Landes, in dem ich lebte und dessen Staatsbürgerschaft ich auch hatte.
DDR. Ernst Soudek, Wien
Auch Pflichten
Sehr geehrter Herr Patterer, danke für diesen Leitartikel. Wenn man die Geschichte beobachtet, wird mir immer wieder klar, dass in einem Konflikt die Wurzeln sehr oft in der Religion zu finden sind. Dennoch bin ich ganz Ihrer Meinung, wenn Herr Özil deutscher Staatsbürger ist, dann hat er nicht nur seine Rechte zu erfüllen, sondern auch seine Pflichten. Auch Dankbarkeit wäre an- gebracht aus seiner Sicht, denn es ist nicht selbstverständlich, so eine Gabe geschenkt zu bekommen.
Edith Fellner, per E-mail
Staat im Staat
Eine totale Integration gibt es einfach nicht. Kein Mensch wird seine Wurzeln ganz verleugnen. Es kommt nur darauf an, wie man als Betroffener damit umgeht. Die Intensität der Beziehung zum Herkunftsland schwächt sich von Generation zu Generation natürlich ab.
In meinemumfeld gibt es Bekannte, die Ende der Fünfzigerund Anfang der Sechzigerjahre, nach Australien, Kanada, Südafrika und in andere Staaten ausgewandert sind. Die meisten davon sind nach längerer Zeit entweder ganz oder nur auf Besuch wiedergekehrt. Sie haben ihre Heimat nie vergessen und sich immer noch als Österreicher gefühlt. Wichtig dabei ist, dass man zu seinem neuen Heimatland loyal ist und sich über örtliche Gemeinschaften integriert und damit hinter dem Staat steht.
Leider wird von manchen Immigranten die neue Staatsbürgerschaft nur um des Vorteils willen, die sozialen Leistungen zu bekommen, angenommen. An einem Gemeinschaftsleben mit den neuen Mitbürgern sind sie nur wenig interessiert. Sie bilden dann einen Staat imstaat und bleiben unter sich, was unweigerlich zu Konflikten mit den Einheimischen in ihrem Umfeld führt.
Hermann Wellisch, Kapfenberg
Integrationsfantasien
Was mich anfangs irritiert hat, wenn ein deutscher Staatsbürger, Wurzeln hin oder her, einen
Präsidenten eines anderen Landes als „seinen Präsidenten“bezeichnet. Für mich zeigt es, dass es die Politiker seit Jahrzehnten nicht verstanden haben, was Integration bedeuten und bewirken soll. Gelungen ist siewegen übergroßer Toleranz bis heute nicht und auch heute gibt es aus meiner Sicht noch immer zu viele Politiker, die hier Fantasien nachrennen, die so nicht verwirklichbar sind.
Die Hoffnung stirbt aber zuletzt, denn ich kenne keine Navratils und Posposchils in Österreich und natürlich auch seit Generationen österreichische Staatsbürger, die den tschechischen oder slowakischen Präsidenten als „ihren Präsidenten“bezeichnen. Özils Talente liegen eher im Fußball und dort kann und soll man seine Leistungen nicht kleinreden.
Werner Grüner, Leoben