„Die beste Lösung im Gesundheitssystem gibt es nicht“
Ärztekammerpräsident Herwig Lindner im Klartext: über Probleme beiwartezeiten, Medikamentenbezahlung, Krebstherapien, Ärztenachbesetzungen – und warum wir trotzdem die beste Versorgung Europas haben.
Österreich ein exzellentes Zeugnis aus: Von 1000 Patienten bekommen 997 genau das, was sie brauchen – der bestewert in Europa. Auch das muss einmal hervorgehoben werden. Man diskreditiert bei jedem Problem gleich das ganze System. Niedergelassene Ärzte werden schlechtgeredet, die Spitäler auch – aber die grundsätzliche Versorgungsqualität ist top. veralteten Honorarkatalog. Erst jetzt konnten wir Veränderungen durchsetzen, die Ärzten und Patienten etwas bringen.
Die Maßnahmen greifen noch nicht: Etwa die Hälfte der ausgeschriebenen Arztpraxen in der Steiermark findet keinen Nachfolger. Für neun Facharztstellen– darunterpädiater, Gynäkologen– und sechs Hausarztstellen bewirbt sich niemand.
Das sollte sich mit dem neuen Vertrag mit den Kassen ändern. Dass dieservertrag vomhauptverband nicht bestätigt wird, kann keiner wollen. Sonst wird das Problem verschärft.
Die nächste Problemzone: Jedes Bundesland hat eigene Richtlinien, Medikamente werden in einem bezahlt, im anderen nicht. Wie im Fall jenes steirischen Buben, der an einer seltenen Muskelerkrankung leidet. Dieses System ist krank, oder?
Die Versorgung mit Medikamenten ist BALLGUIDE/PAJMAN flächendeckend. Es gibt ein Problem, dass Pharmafirmen Medikamente nicht auf den Markt bringen, weil sie zu wenig verdienen. Zumfall des Buben: Wir Ärzte sind verpflichtet zu helfen. Ich verstehe die Familie des Buben gut, ich würde auch jeden Strohhalm ergreifen. Aber man muss die wissenschaftliche Analyse berücksichtigen: Die Behandlung wurde als „nicht passend“eingestuft.
Aber selbst bei anerkannten Krebstherapien gibt es länderspezifische Unterschiede. Auch darüber klagen steirische Ärzte.
Es ist notwendig, dass der Zugang für Patienten zu Behandlungen überall in Österreich gleich ist. Hier gibt es Ansätze.
Trotzdem leisten sich Bundesländerspitäler Doppelgleisigkeiten in den Grenzgebieten, die viel Geld kosten. Könnte man mit einer Bundesverwaltung das Angebot nicht besser abstimmen?
Die beste Lösung im Gesundheitssystem gibt es nicht. Und man sollte in einem komplexen Gesundheitssystem, wo es Hunderttausende Räder gibt, nicht an allen gleichzeitig drehen. Der regionale Faktor muss eine Rolle spielen – nicht ein Wasserkopf in Wien.