Ein „Tatort“aus einem Stück
„Tatort“-saison beginnt mit Kraftakt: Fall aus Luzern kommt ohne Filmschnitt aus.
Den
Hauptdarsteller des heutigen „Tatorts“als kamerascheu zu bezeichnen, griffe ins Leere und hätte dennoch seine Richtigkeit. Filip Zumbrunn ist Kameramann und in dieser Funktion kam ihm im neuen Krimi aus Luzern eine Mammutaufgabe zu – die er bravourös meistert.
Die neue „Tatort“-saison wird mit einem experimentellen Novum begonnen, da die Episode in einem einzigen Take gedreht wurde. Eine 90minütige Handlung, in einem Stück produziert, ohne Filmschnitte. Die Konsequenz für alle Beteiligten: Es durften bei den Dreharbeiten keine Fehler passieren – und falls doch, mussten sie bei laufendem Betrieb behoben werden. Den schwierigsten Job hatte Kameramann Zumbrunn, der mit gewichtigem Equipment der Handlung im Luzernerkulturund Kongresszenturm folgen und diese perfekt in Szene setzen musste. Inklusive Luftröhrenschnitt, Orchesterkonzert und Rückblicken in die Ver- gangenheit. Ein theatraler, aufregender „Tatort“aus dem sonst oft biederen Luzern.
Neben dem atemlosen Sog der Methodik und der Inszenierung von Regisseur Dani Levy gehen Handlung und Thema beinahe unter. Ein Klarinettist wird während eines Konzerts vergiftet, Ritschard (Delia Mayer) und Flückiger (Stefan Gubser) ermitteln in Echtzeit. Der Gastgeber des Konzerts ist Mäzenwalter Loving (Hans Hollmann) – ein Mann mit unklarer NS-VERgangenheit. Er verdiente ein Vermögen damit, Juden zur Flucht zu verhelfen. Heldentum und Schuld, kaum zu unterscheiden.
Und wie schlagen sich die Ermittler, die im nächsten Jahr mit dem „Tatort“aus Luzern eingemottet werden? Sie sorgen für kleine Pointen, wirken verloren und überlassen die Bühne der Musik, den großartigen Darstellern Andri Schenardi und Hans Hollmann sowie dem Star des Abends hinter der Kamera. DH