In den Ohren
„Bella Ciao“ist der „Sommerhit des Jahres“. – Über diewandlung eines Protest- und Widerstandsliedes zum Ballermann-viertakter.
haken. Arbeiterbewegungen schufen daraus einehymne, der deutsche Liedermacher Hannes Wader sang eine deutschsprachigevariante. Ans Original angelehnt, aber dargeboten nur mit der Klampfe als „Waffe“. Ideal für die grauen Zellen, untauglich für die Tanzfläche. Lauter wurde es erst wieder durch die Britband Chumbawamba. Sie formte aus „Bella Ciao“einen Spott- und Abgesang auf Margaret Thatcher.
Und jetzt? „Bella Ciao“ist, in seiner Aussage gnadenlos verstümmelt und musikalisch grenzwertig, der „Sommerhit des Jahres“. Ein Dauerbrenner in zahllosen Discos, ein mitgegrölter Ballermann-viertakter. Millionenfach verkauft, dominant in den Hitparaden. Den Weg ebnete die Netflix-serie „Haus des Geldes“. Eine verkrampft ummoral bemühte Story rund um spanische Kriminelle, die mit Dalí-masken eineno- tenbank plündern. Mit RobinHood-gesinnung, angeblich. Dass eigene Geldgeilheit dominiert, Geiseln genommen und gequältwerden – Schwammund Tanzbein drüber. Die Musik dazu mixte der französische DJ Florent Hugel, mittlerweile kursieren etliche weitere Mixturen bis hin zum geistig fordernden Lalalala-gejohle.
Immerhin hat „Bella Ciao“auch schon seine Stadionreife bewiesen. Bei der Fußball-wm stimmten brasilianische Fans das Lied höhnisch an, als der Erzrivale Argentinien vorzeitig ausschied. Mit einem variablen „Ciao, Messi, Ciao“. Ein musikalischer Allzweckfeger.
Popmusik kann subversiv, aber auch enorm unsensibel sein. Es ist ein Teil des lukrativen Geschäfts. Und in einem Punkt sind sich Musikexperten ja einig: Das Lied macht ordentlich wumm in den Ohren. Na dann: Ciao Bella.