Kleine Zeitung Steiermark

Waskannman noch glauben?

Der neue hochaktuel­le Krimi von Eva Rossmann.

- Von Bernd Melichar

Ein sozial engagierte­r Importeur italienisc­her Spezialitä­ten wird tot in seinervill­a gefunden. An der Online-bassena der sozialenme­dien geht es rund: Er soll Schlepper unterstütz­t und Drogen gehandelt haben.

Fake, Fakten, Hetze im Netz, der bedenklich­e Umgang mit Daten hat Eva Rossmann bereits im Roman „Patrioten“beschäftig­t. Jetzt konfrontie­rt sie die patente Mira Valensky mit dem brisanten Gemisch aus Rufmord, Propaganda und Cyberkrimi­nalität: Was kann man noch glauben? Spannend und informativ erzählt. Die Personen haben Kontur. Die Dialoge ohne Anführungs­zeichen irritieren etwas. Mira kann noch immer beim Kochen am besten denken. Was ihr da zur aktuellen österreich­ischen Politik einfällt, ist nicht leicht zu verdauen. Aber wichtig und gut, dass es gesagt wird. UL Eva Rossmann. Im Netz. Folio. 310 S., 22 Euro (ab 21. August im Buchhandel)

Es ist nicht wirklich überrasche­nd, dass Michael Köhlmeier die Kapitel seines neuen Romans jeweils mit einem Märchen einläutet. Im ersten Märchen geht es um den Teufel und darum, dass dieser keine eigene Haut hat. Deshalb muss er sich immer eine fremde überziehen. Oft ist das wohl eine Menschenha­ut, in die der Teufel schlüpft. Das zu wissen ist nicht unwesentli­ch für die Lektüre dieses Buches. Wir vermuten, dass uns Köhlmeier – der den Leser ja gerne wissen lässt, dass er, der Autor, viel weiß – das damit sagen wollte. Nämlich: Obacht, Mensch, der Lump Luzifer schaut dir aus dem Spiegel entgegen.

Natürlich hat der Großschrif­tsteller Michael Köhlmeier wieder einen großartig erzählten, sehr guten, sehr klugen Roman geschriebe­n. Das ist aber gleichzeit­ig, so paradox es klingen mag, das Kreuz mit diesem Buch: Es wiegt so schwer, dass esdemleser fast das Rückgrat verbiegt. So viel Inhalt, so viel Geschichte und Geschichte­n, so viel Philosophi­e, so viel Psychologi­e, so vielemensc­hen mit prall gefüllten Rucksäcken. Die Leichtigke­it des Seins, sie wäre zumindest zwischenze­itlich durchaus erträglich, aber sie ist kaum vorhanden.

Und so beginnt alles: Hanna in Wien schreibt ihrer Schwägerin Jetti in Dublin: „Komm, dein Bruder wird verrückt.“Jetti kommt natürlich; wie immer, wenn Bruder Robertswel­t wieder einmal verrückt. Dieser, ein Psychiater, bleibt verschwund­en, doch dann die Nachricht: „Ich bin in Israel, dem Land der Väter.“Aber nicht der jüdischen Familienve­rgangenhei­t ist der zynische Freudianer auf der Spur, sondern sich selbst. Aber wo suchen, wenn man nicht einmal weiß, wo man sich abhandenge­kommen ist? Und: Was tun damit, falls man das eigene Ich tatsächlic­h findet?

So viele Fragen, so viele Verkarstun­gen, so viele Verdrängun­gen. Jetti und Robert sind das pathologis­che Epizentrum des „Lenobeltum­s“; schwer traumatisi­ert, schwer lädiert. Die Mutter war eine depressive Irre, die Kinder sind unentwirrb­ar ineinander verflochte­n. Jetti

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