Es ist noch längst nicht alles gesagt
„Sagte sie: 17 Erzählungen über Sex und Macht“ist ein Buch am Puls der Zeit.
Hin
und wieder hörtmanes, das: „Es ist schon so viel über #metoo gesagt worden.“Und ganz leise schwingt hier mit: Heißt das, es ist schon zu viel darüber gesagt worden? Ziemlich sicher nicht, wie die Anthologie „Sagte sie: 17 Erzählungen über Sex und Macht“sehr eindringlich schildert. Es ist weit mehr als eine Bestandsaufnahme der Debatte, sondern ein Brennglas auf Ursachen und Symptome. Sehr fein, manchmal sehr grob, manchmal nur nuanciert, werden sie herausgearbeitet, die tradierten, geförderten, geforderten, geduldeten Verhaltensweisen im Umgang zwischen den Geschlechtern. Die Erzählungen aus weiblicher Sicht spiegeln den Konflikt wider, den man im Englischen als „he-saidshe-said“bezeichnet – eine Geschichte, zwei Versionen, die weibliche ist hier nachzulesen. Doch eines ist schnell klar: Es kann jede und jeden treffen. Frauen wie Männer sind Opfer und Täter. Und man kann sogar vielfach zum Opfer werden, wenn man von außen beurteilt, nein, verurteilt wird, weil der Grundtenor halt schon immer so war. Und genau davon zeugen viele dieser Erzählungen: Es kommt einem vieles so bekannt vor. Weil, ja, weil es halt immer schon sowar oder wie es in einer Erzählung heißt: „Und auf der Rückbank legte er mir den Arm um die Schultern, als hätte er jedes Recht dazu.“
Es ist die Vielfalt der Blickwinkel, die das Buch lesenswert macht. Es erzählt auch von Ängsten, die Frauen haben können, ausgelöst durch irrationale Vorurteile, die wiederum eines Mannes bedürfen, umsie unterkontrolle zu bringen. Oder es ist ein Schüler, der sich vor einer Mädchen-gang fürchtet. Alles nur Einbildung oder ist da doch was dran? Imvorwort schreibtherausgeberin Lina Muzur: „Die Zukunft des Miteinanders von Männern und Frauen muss neu verhandelt werden.“Dieses Buch ist eine ausgezeichnete Diskussionsgrundlage dafür. Susanne Rakowitz Lina Muzur Hg.: Sagte sie. 17 Erzählungen über Sex und Macht. Hanser, 224 Seiten, 20,60 Euro.