Wann Kinder das Lernen verweigern
Nicht immer sind Faulheit oder Desinteresse die Ursachen für schlechte Leistungen, sagt die Bildungspsychologin Christiane Spiel.
Moritz (15) weiß, dass wieder einmal das Thema Lernen in der Luft liegt. Also schläft er vorsorglich länger, um sich die leidige Lerndebatte am Frühstücktisch zu ersparen. Leider ist die Wohnung nicht groß genug, um den Eltern konsequent aus demweg zu gehen, damit ist der Streit unausweichlich. Denn Moritz ist der Ansicht, dass er in den Ferien ein Recht auf neun Wochen Erholung hat. Seine Eltern wollen, dass er sich in den letzten Ferienwochen wenigstens zwei Stunden täglich hinter seine Bücher klemmen soll.
Wie sehen das Experten? „Das hängt davon ab, wie sicher sich das Kind bezüglich seiner Leistungen ist“, sagt dazu die Wiener Bildungspsychologin Christiane Spiel, „auf das Neue konzentrieren kann man sich erst dann gut, wenn der alte Stoff tatsächlich sitzt!“Lernen in den letzten Ferientagen empfiehlt sie also vor allem in Fächern, wo es noch Übung braucht – und das sollte im besten Fall mit einem Plan erfolgen, den das Kind selbst erstellt hat. „Die Selbstorganisation ist etwas, das vielen Kindern fehlt und bei solchen Gelegenheiten geübt werden kann“, betont die Psychologin. Außerdem fühlt sich der selbst erstellte Plan doch besser an als verordnete Lernstunden.
Um das richtige Maß zu finden, sollte man zuerst gemeinsam Inhalt und Umfang des Stoffes besprechen, dann das Kind einen Plan dazu erstellen lassen, den man dann gemeinsam so gestaltet, dass er auch schaffbar ist. Wichtig dabei ist, dass die Kinder ein Gefühl dafür bekommen, wie lange es braucht, um einen gewissen Stoff tatsächlich zu beherrschen. „Wichtig dafür ist, dass nicht nach Zeiteinheiten, sondern nach Lernstoff gearbeitet wird“, betont Spiel. Wenn Kinder in bestimmten Fächern Schwächen haben, liegt das nicht immer an der Faulheit oder am notorischen Desinteresse, sondern oft einfach an zu wenig Selbstvertrauen. „Kinder, die Probleme in einem bestimmten Gegenstand haben, sind oft überzeugt, zu dumm dafür zu sein, zum Beispiel ,ich kann Mathe einfach nicht‘.“Das ist allerdings eine fatale Ansage, denn damit glaubt das Kind auch nicht daran, sich in diesem Fach noch verbessern zu können. Wer sich jedoch nicht anstrengt, wird sich auch nicht verbessern“, erklärt dazu die Expertin. Ein Teufelskreis, den man nur durchbrechen kann, wenn man das Kind zu mehr Übung ermutigen kann. Eine erprobte Methode dabei ist, das Können des Kindes zu nutzen. „Jedes Kind kann irgendetwas besonders gut. Bei einem ist es der Sport, beim anderen die Musik, der Dritte ist besonders gut beim Computerspielen, wo es um Geschicklichkeit geht.
Die Kinder wissen, dass sie in diesen Bereichen nur weiterkommen mit viel und regelmäßiger Übung und mit hoher Konzentration. Genau dort müssen die Eltern ansetzen und die Kinder dazu bringen, dass sie dies auf ihr ,Angstfach‘ übertragen“, empfiehlt die Bildungspsychologin.
Dass die Lust an der Schule schwindet, hat unter anderem auch mit dem Alter zu tun. In der Volksschule lernen die