Blumen und eine Krone für Aretha
Trauerarbeit: Die Aretha-franklin-scheibe liegt, natürlich im schwarzen Vinyl-kleid, auf dem Plattenteller und dieses Buch – Zufall?, Fügung? – daneben: Robert Burton: „Die Anatomie dermelancholie“. In die majestätische Stimme der Hohepriesterin des Soul, die auch nach ihrem Tod nicht verklingen wird, fließen die vor fast 400 Jahren geschriebenen Sätze des englischen Geistlichen und Eremiten: „Wasmenschheit treibt, liebt, fürchtet, hasst und hofft, Ihr Hin undher dies Buches bunter Stoff.“
Das, genau das, ist auch der bunte Stoff, aus dem das Leben und die Lieder von Aretha Franklin gemacht sind. Der Stoff, aus dem der Soul gemacht ist. Die Liebe, die Furcht, der Hass, die Hoffnung. Das Zusammenlebenundauseinandertreiben von Frau und Mann, von Hautfarben und Klassen. Wasmenschheit treibt. Das Hin und Her, das Für undwider, das Lachen undweinen, das Dulden und Beenden.
Franklinwar der personifizierte Fingerzeig, nie die Faust, für die Unantastbarkeit derwürdeeiner vielfältigen und vielschichtigen Menschheitsfamilie. Am Donnerstag hat sie im Alter von 76 Jahren den Kampf gegen ihre schwere Krankheit verloren. Seither ist die Musikwelt von Trauer, der großen Schwester dermelancholie, erfüllt. Allerorten haben „Soul Sisters“und „Soul Brothers“der Ikone – diesfalls darf dieses inflationär gebrauchtewort verwendet werden – gedacht und ihren Respekt bekundet. Auf dem „Walk of Fame“in Hollywood wurden Blumen und ein Porträt der Sängerin auf den in Stein gemeißelten Stern des Ruhms platziert. Und eine Krone, die der Soulkönigin auch nach ihrem Bühnenabgang niemand streitig machen wird.
August wirdaretha Franklin auf demwoodlawn-friedhof in Detroit beigesetzt. Neben den Blumen auf dem „Walk of Fame“, auf einem einfachen Pappschild, ist der Titel eines berühmten Franklin-songs geschrieben: „I Say a Little Prayer for You“. Das kann mehr als ein Lied sein und beides lindern: Trauer und Melancholie.