Eine unangenehme Entdeckung
Ein Us-professor entdeckt die Vorbildwirkung seines Landes für Ns-gesetze.
Autor verhehlt seinen Schock nicht. Dass Adolf Hitler und die Nationalsozialisten sich an seinem Land, den USA, orientiert haben sollen, ehe sie in Nürnberg ihre Rassengesetze beschlossen, überraschte James Q. Whitman. Der Professor für vergleichendes und internationales Recht an der Yale-universität machte sich also auf die Suche nach Quellen und fand mehr, als dem Patrioten lieb sein konnte.
„Hitlers amerikanisches Vorbild“ist seine schonungslose Darstellung dieses Suchvorgangs. Whitman durchforstete die bereits bestehende Literatur zum Thema, die einen direkten Konnex leugnet. Das Argument der Kollegen aber hält er für schwach. Die Deutschen hätten von Anbeginn an dievernichtung der Juden im Sinn gehabt, in den USA aber habe man lediglich Rassentrennung und ungleiche Behandlung vor dem Gesetz angestrebt, argumentierten sie. Das lässt Whitman nicht gelten. Die Nürnberger Gesetze, der erste Ausdruck des nationalsozialistischen Rassenwahns, zielten genau darauf ab: die weitgehende Entrechtung der Juden in Deutschland. Das ließ sich gut aus amerikanischer Praxis lernen. Diewannsee-konferenz mit demausrottungsbeschluss kam viele Jahre später.
Ein weiterer Schock für Whitman war das ausdrückliche Lob, das Hitler in seinem Buch „Mein Kampf“den USA ausdrückt. Als einziges Land derwelt hätten sie die Bedeutung der Rassenpolitik erkannt und erste Schritte gesetzt. Ähnliche Stellungnahmen fand Whitman auch bei anderen Autoren, die lediglich einen Mangel an den USGesetzen feststellten: Sie sparten die Juden aus. Tatsächlich versuchten die USA in den Dreißigerjahren, dievorherrschaft derweißen europäischen Einwanderer durch Einwanderungsbeschränkungen für Asiaten, Puerto Ricaner und andere als minder angesehene Völker zu sichern.
Das sehr gut dokumentierte, stellenweise etwas repetitive Buch ist auch für europäische Leser eine ernüchternde Lektüre. Mankannsichgut hineinversetzen in den Autor, der aufgewachsen ist im stolzen Bewusstsein, sein Land habe das Ns-regime niedergerungen. Thomas Götz Hitlers amerikanisches Vorbild von James Q. Whitman, Beck-verlag, 250 Seiten, Euro 26,95