Kleine Zeitung Steiermark

„Reine Perfektion ist nicht interessan­t“

- Von Martin Gasser

Der steirische Pianist Philipp Scheucher (26) ist auf dem Weg zur internatio­nalen Karriere. Ein Gespräch über Leidenscha­ft und Entsagunge­n.

Das Konzertier­en, die Kommunikat­ion ist seine Leidenscha­ft. Der steirische Pianist Philipp Scheucher, Schüler von Markus Schirmer, eilte vonwettbew­erbserfolg zu Wettbewerb­serfolg. Jetzt hat er sein Studium beendet und ist bereit, sich ganz auf seine Leidenscha­ft zu konzentrie­ren.

Sie haben im Juni Ihr Studium an der Kunstuni beendet und den Master abgelegt. Ist ein Studienabs­chluss überhaupt von Relevanz, wenn man eine Berufskarr­iere als freier Pianist anstrebt?

PHILIPP SCHEUCHER: Es ist nicht notwendig, aber es war mir ein Anliegen, einen Abschluss zu machen. Irgendwann möchte ich auch ein Doktorat, aber jetzt stürze ich mich einmal komplett aufs Spielen, aufs Konzertier­en. Jetzt bin ich frei.

Ist es schwierig, bei Stücken, die schon hunderttau­send Mal gespielt worden sind, eine persönlich­e Stimme zu finden?

Man findet den persönlich­en Zugang ganz automatisc­h. Natürlich, wenn man sich jahre- lang mit einem Werk beschäftig­t, hört man sich Aufnahmen von anderen an, die inspiriere­nd sein können. Aber jeder ernst zu nehmende Pianist wird Tabula rasa machen und neu anfangen.

Wie viele Stücke studieren Sie pro Jahr ein?

Das kann man nicht verallgeme­inern, es gibt Phasen, wo man dauernd lernt, und Phasen, wo man nur Älteres spielt. Derzeit lerne ich viel Neues, auch für Uraufführu­ngen. Ein irrsinnige­r Stress. Man will denkomponi­sten nicht enttäusche­n und man hat dieverantw­ortung, der Erste zu sein, der das öffentlich spielt. Sicher, man arbeitet sehr intensiv und mit hohem Aufwand. Das Problem kann sein, dass man die Stücke nur für eine einzige Aufführung lernt. Beethovens „Appassiona­ta“begleitet einen dagegen ein Leben lang.

Haben Sie alle 32 BeethovenS­onaten drauf?

Ich habe alle durchgespi­elt, aber konzertsaa­ltauglich kann ich nicht alle. Das wird sich hoffentlic­h in den nächsten Jahren ergeben, dass ich alle Sonaten aufführe. Beethoven ist mein Begleiter, der mir ständig über die Schulter schaut.

Beethovens Sonaten sind ja zentral für die meisten Pianisten. Wie stehen Sie zum anderen zentralen Komponiste­n, zu Bach?

Derzeit ist das nicht meine Richtung. So introverti­erte Musik liegt mir ja nicht so sehr, ich bin am Klavier energisch. Aber das kommt vielleicht noch.

Das heißt, Ihrem Charakter entspricht jetzt mehr Beethoven, Liszt und die Spätromant­iker?

Ja, Expression­istisches auch. Aktuell liebe ich die Sonate von Liszt besonders. Auch die Fantasie für Violine für Klavier von Schönberg, die ist nicht leicht für das Publikum, aber ein herrliches Werk.

Sie waren weltweit bei Wettbewerb­en unterwegs, bleibt das?

Ich bereite mich gerade auf die kanadische Honens Competitio­n in Calgary vor. Ich bin unter die letzten zehn gekommen. Das Auswahlspi­el war im März in Berlin. Es ist ein Erfolg, da überhaupt so weit zu kommen. Die Preise sind irrsinnig: Der Sieger erhält umgerechne­t 67.000 Euro und einen Drei-jahres-vertrag mit einer Agentur.

Und nach Kanada?

Geht’s nach Japan und Südafrika, danach zu einem Wettbewerb in Italien. Auch die Teilnahme am Tschaikows­ky-bewerb in Moskau würde mich sehr reizen.

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