Streitumseenot-rettung verschärft sich
Salvini und Kurz für Anlegestopp. Zahl der Geretteten gesunken, Zahl der Ertrunkenen hoch.
D as Tauziehen um denumgang mitrettungsschiffen und Flüchtlingen hält an: Italiens Innenminister Matteo Salvini bleibt bei seiner Weigerung, Flüchtlinge nach Italien zu lassen, wenn es für sie keine Aufnahmezusage aus anderen Ländern gibt. Die Eu-kommission hatte in den vergangenen Tagen auf den Druck reagiert und versichert, mit den EUStaaten an einer Lösung für die „Diciotti“zu arbeiten. Ammontag hatte Bundeskanzler Sebastian Kurz gefordert, Eu-länder sollten keine Schiffe mit Flüchtlingen mehr anlegen lassen. Vergangene Woche hatte Malta ein anderes Rettungsschiff, die „Aquarius“, erst nach tagelanger Irrfahrt einlaufen lassen, nachdem mehrere Eu-staaten, darunter auch Deutschland, die Aufnahme der 141 Flüchtlinge an Bord zugesagt hatten.
Die „Diciotti“musste tagelang mit rund 170 Flüchtlingen auf dem Mittelmeer ausharren, weil Italiens Regierung sich geweigert hatte, das Schiff anlegen zu lassen. Schließlich durf- te es anlegen, aber die Menschen nicht von Bord. Salvini drohte erneut, Flüchtlinge nach Libyen zurückzuschicken. „Entweder Europa beginnt damit, seine Grenzen zu schützen und die aufgenommenen Flüchtlinge zu verteilen – oder wir beginnen, sie in die Häfen zurückzubringen, von denen aus sie gestartet sind“, so Salvini.
Auf die Frage, ob die Zurückweisung nach Libyen rechtswidrig wäre, sagte eine EU- Kommissionssprecherin, darüber habe nicht die EU zu entscheiden. Was als sicherer Aufenthaltsort gelte, sei nach internationalem Recht definiert. Zuständig seien die betreffenden Marine-rettungszentren.
Das Konzept von sicheren „Anlandeplattformen“für im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge in Staaten außerhalb der EU soll im September wieder unter den Eu-staaten diskutiert werden, so die Sprecherin weiter.
Die Zahl der im Rahmen der Eu-mission „Sophia“aus dem Mittelmeer geretteten Menschen ist im ersten Halbjahr 2018 drastisch gesunken. Der Rückgang betrage 83 Prozent verglichen mit dem gleichen Zeitraum des Vorjahres, berichtete unterdessen das InternetPortal „Buzzfeed“unter Berufung auf Antworten der deutschen Regierung auf Anfragen der Fdp-fraktion sowie einen vertraulichen Eu-bericht.
Zugleich sei eine besonders hohe Zahl von Flüchtlingen im Mittelmeer ertrunken, hieß es in dem Bericht weiter. Deren Zahl wurde für 2018 bisher mit mehr als 1.500 angegeben, davon allein 629 im Juni.
Vonseiten der Oppositionsparteien gab es unterdessen Kritik an der Forderung von Sebastiankurz, keine Schiffe anlegen zu lassen. „Wäre Kurz an einer echten Lösung interessiert, würde er als Ratsvorsitzender mit unseren europäischen Partnern daran arbeiten“, so Neos-europasprecherin Claudia Gamon.