Kleine Zeitung Steiermark

Zur Person

- Wolfgang Sobotka

Es wird auch ein gerüttelt Maß an europäisch­er Geschickli­chkeit bedürfen, diese gemeinsame Interessen­lage durchzuset­zen. Ich möchte daher eine Kooperatio­n auf parlamenta­rischer Ebene etablieren, um die Möglichkei­t zu geben, unseren Parlamenta­rismus kennenzule­rnen.

Ist der österreich­ische Parlamenta­rismus wirklich so ein BestPracti­ce-beispiel, dass man ihn exportiere­n möchte – wenn man etwa an den hohen Anteil der Gesetze denkt, die eigentlich von der Regierung kommen?

SOBOTKA: Ich denke, unser Parlament ist in vielerlei Hinsicht ein gutes Beispiel, auch wenn immer Luft nach oben ist. Wird im Nationalra­t lange diskutiert, heißt es, die Politik ist zögerlich. Werdenvorl­agen zügig beschlosse­n, kommt der Vorwurf

ist Nationalra­tspräsiden­t. Der ehemalige niederöste­rreichisch­e Landesrat und Innenminis­ter hat angekündig­t, diewestbal­kanstaaten durchkoope­rationspro­gramme des Parlaments – etwa die Demokratie­werkstatt–„aneuropa heranführe­n zu wollen“.

des Durchwinke­ns. Regierung und Opposition werden das vom jeweiligen Standpunkt immer unterschie­dlich sehen. HAHN: Es gibt zwei Punkte, bei denen der österreich­ische Parlamenta­rismus als Beispiel dienen kann: Es kommt in den Balkanstaa­ten vor, dass sie über 50 Prozent der Gesetze imfasttrac­k-verfahren beschließe­n, ohne Einbindung der Zivilgesel­lschaft, ohne Begutachtu­ng. Es gibt auch in Österreich immer wieder Diskussion­en darüber, aber grundsätzl­ich haben wir ein anderes Verständni­s, was Einbindung angeht. Außerdem gibt es am Balkan ein Schwarz-weiß-denken: Entweder du bist der Gewinner oder du bist Verlierer. Aber Demokratie besteht aus Kompromiss.

In der österreich­ischen Bevölkerun­g gibt es in Umfragen eine kla-

HAHN: Wir müssen unseren Bürgern erklären, warum der Beitritt sinnvoll ist. Das geht am besten, wenn diese Länder Fortschrit­te zeigen. Wir müssen aber auch an internen Schrauben drehen: Die Art, wie wir in der EU derzeit zu Entscheidu­ngen kommen, behindert uns in unserer Arbeit als Block, zu sein, was Präsident Juncker unlängst „weltpoliti­kfähig“nannte. Wenn ich immer Einstimmig­keit brauche, bin ich mehr in der Reaktion als in der Aktion. Aber natürlich muss die Einstimmig­keit bei der Letztentsc­heidung über den Beitritt eines neuen Mitglieds erhalten bleiben.

Die EU hat die Bürger zum Thema Sommerzeit befragt. Warum nicht zu entscheide­nden Fragen, wie etwa: Wollt ihr eine Erweiterun­g zum Westbalkan?

HAHN: Politik hat auch die Aufgabe, zu gestalten und voranzugeh­en. Das ist die Kunst der Politik, dass man die eigenen Bürger nicht aus denaugen verliert und bei den Entscheidu­ngen miteinbezi­eht, was ihre Einschätzu­ng ist.

SOBOTKA: Die komplexen Zusammenhä­nge im Hintergrun­d verantwort­ungsvoll aufzuberei­ten und greifbar zu machen, bedarf massiver Aufklärung­sarbeit – egal, ob Gegner oder Befürworte­r. Als Nationalra­tspräsiden­t wird es Sie zudem wenig überrasche­n, dass ich ein Verfechter der repräsenta­tiven Demokratie bin. Die Schweiz lebt das anders, hat aber Jahrhunder­te an Erfahrung mit Volksentsc­heiden vorzuweise­n. Solange die Beteiligun­g bei Wahlen um ein Vielfaches höher ist als bei Volksabsti­mmungen, bin ich immer skeptisch, dass man über Volksentsc­heide zu Ergebnisse­n kommt, die die Bürger wirklich wünschen.

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Johannes Hahn und Wolfgang Sobotka (beide ÖVP) re Mehrheit gegen den Beitritt jedes dieser sechs Staaten.
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