„Sie hat die Ehre der Familie beschmutzt“
Lebenslange Haft für 22-jährigen Afghanen, der seine jüngere Schwester erstochen hat.
Der
Schuldspruch der Geschworenen fiel nach kurzer Beratungszeit einstimmig aus: Ein gebürtiger Afghane, der am 18. September 2017 in Wien-favoriten seine jüngere Schwester mit einem Kampfmesser getötet hat, um die Ehre seiner Familie wiederherzustellen, ist gestern am Landesgericht zu lebenslanger Haft verurteilt worden.
„Mit dieser Tat haben Sie sich außerhalb der Gesellschaft gestellt. Dafür kann es nur die Höchststrafe geben“, stellte der vorsitzende Richter Stefan Apostol fest. Die besondere Brutalität und die besonders verwerfliche Motivlage wären bei der Strafbemessung zu berücksichtigen gewesen.
Denn nach seiner Festnahme erklärte der Angeklagte, die Schwester hätte ihn gestoßen und ihm damit gezeigt, dass sie keinen Respekt vor ihm habe. „Da habe ich auch keinen Respekt mehr vor ihr gehabt“, gab er zu Protokoll. Er bedauere zwar ihren Tod. Es sei aber „gut, dass sie tot ist, weil sie die
Ehre der Familie beschmutzt hat“, zitierte der Staatsanwalt aus dem Polizeiprotokoll.
Die Ehre der Familie habe das Mädchen beschmutzt, weil sie wiederholt in ein Krisenzentrum geflüchtet sei, nachdem es zu Hause wiederholt zu Handgreiflichkeiten gekommen war. „Sie wollte einen Neuanfang. Sie hat sich den Zwängen der afghanischen Gesellschaft widersetzt“, berichtete Staatsanwalt Mario Bandarra. Am 18. September passte sie dann ihr älterer Bruder in der U-bahnStation Reumannplatz ab, als sie in die Schulewollte. Seinen Angaben zufolge wollte er sie überreden, wieder nach Hause zu kommen. Als die Schwester nicht mit sich reden ließ und ihm einen Stoß versetzte, zog er laut Anklage sein Messer und erstach sie mit 28Messerstichen.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Verteidiger Nikolaus Rast legte dagegen Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung ein. Sein Mandant hatte sich zum Mordvorwurf schuldig bekannt.