Böllerprozess ohne Böller
Der Gutachter muss einige Böller sprengen. Es gibt aber keine mehr.
Fortsetzung
des Böllerprozesses, zweite Auflage, in sommerlicher Hitze: Ein Zeuge erscheint nicht, er bekommt demnächst Post von Richterin Elisabeth Juschitz mit einer saftigen Ordnungsstrafe. Ein ExPyrotechniker wird gefragt, ob er die Böller, die er von den angeklagten Auftraggebern der illegalen Böllerproduktion in Kapfenstein bezogen hat, auch ordnungsgemäß und sicher transportiert hat. „Muss ich dazu was sagen?“, fragt er zurück. Muss er nicht.
Ein Polizist schildert, dass er einen der Angeklagten in einer Prozesspause des ersten Prozesses beobachtet hat, wie er einen letzten Karton der illegalen Böller in einem „Verbau“– je nach Version – versteckt oder doch nur abgestellt hat.
Der Sachverständige wird gefragt, wann mit seinem Gutachten zu rechnen ist. Um die Gefährlichkeit der Böller insbesondere beim Transport abzuschätzen, sind Probesprengungen nötig. Problem: Es gibt in Österreich keinen geeigneten Sprengplatz. Slowenien hat angeboten auszuhelfen. Nächstes Problem: Die Böller, die schon zwei Todesopfer gefordert haben, wurden „vernichtet“, es gibt keine mehr. „Kann man sie nachbauen?“– „Freiwillig nicht!“, sagt der Sachverständige. Aber ernsthaft, es wäre zu aufwendig und zu gefährlich.
Der Gutachter bietet an, vergleichbare Böller mit derselben Füllmenge und mit fast derselben chemischen Zusammensetzung zu verwenden. Die Verteidiger können das einige Tage mit ihren Experten erörtern. Das Urteil fällt nicht mehr in diesem Sommer. Alfred Lobnik