Viel Tracht, Eintracht und Zwietracht
Er bringt seine Fans zum Schwärmen und seine Gegner zum Schäumen. Heute tritt Andreas Gabalier im Planai-stadion vor 40.000 Menschen auf. Versuch der Erklärung eines Massenphänomens.
Eigentlich ist dieses Heimspiel in Schladming ja nur eine halbe Portion, die Andreas Gabalier locker verdrücken wird. Im Sommer erst ist der 34 Jahre alte Steirer im restlos ausverkauften Münchner Olympiastadion aufgetreten und hat dort 80.000 Menschen – vom Kleinkind bis zu den Großeltern – zum Kreischen, Toben, Jubeln, Tanzen, Schunkeln, Schluchzen, Träumen gebracht. Zum Schunkeln mit Partysongs wie „Hulapalu“, zum Schluchzen mit Himmel-hymnen wie „Amoi seg’ ma uns wieder“.
Die Fans lassen über ihren „Andi“nichts kommen, die Gegner kein gutes Haar an ihm. Vor allem aus den generell untergriffigen Internetforen trieft viel Hohn und mitunter sogar Hass. Dass Andreas Gabalier selbst sich mit diversen Aussagen (Bundeshymne, Geschlechterrollen) recht eindeutig positioniert, verstärkt die Zwietracht und macht die Kluft zwischen den Gipfeln noch tiefer.
Apropos Gipfel. Vor zehn Jahren machte sich der „Volks-rock-’n’-roller“vom Fuß des Schloßberges aus auf den Weg in lichte Höhen. Im selbst geschnürten Gepäck hatte er Lieder, die von den feschen Madln und den knackigen Buam handelten, von der Liab zwischen ihnen und vor allem von einer noch größeren Liebe, jener zurheimat. Das war nicht neu, aber so genial in Szene gesetzt, dass es sowohl „neumodisch“als auch „altbacken“daherkam und somit bei Jung und Alt funktionierte.
Zum Erfolg gehört auch, dass man zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort ist. Und das war Andreas Gabalier: Die Menschen richteten sich gerade gemütlich in einem neuen Biedermeier ein, die Natur wurde für heilig erklärt, die Heimat war der Sehnsuchtsort vor der Haustür, und der Dresscode zu dieser großen Eintracht – auch
Ich zwinge ja niemanden, meine Musik zu hören. Undwenndie Kritik zu hart und untergriffigwird, weiß ich mich schon zu wehren. jener zwischen den Generationen – hieß: Tracht. Das Publikum tanzte fortan in Scharen im Dirndl und in Lederhosen zu denkonzerten an, die sich im Laufe der Jahre zu Großfamilientreffen entwickelten, und der Bua auf der Bühne griff lausbübisch zum Hirschg’weihmikrofon und kariertem Schneuztüchl.
Doch die Macht dieser Marke besteht nicht nur aus markigen Sprüchen und massentauglichem Liedgut, das man mögen kann, aber nicht muss. Andreas Gabalier hat sich diesen Erfolg hart und mühsam erarbeitet. Er schreibt seine Songs selbst und kann – allen Netz-nettigkeiten zum Trotz – singen, wovon zum Beispiel ein Duett mit Anna Netrebko zeugt. Andreas Gabalier ist ein selbstdisziplinierter, hochprofessioneller Entertainer, der sich selbst nichts schenkt, aber seinem Publikum eine heile Welt, in der die Menschen einige Stunden lang kreischen, toben, jubeln, tanzen, schunkeln, schluchzen, träumen dürfen. Und nicht zuletzt ist Andreas Gabalier jemand, der respektvoll mit seinen Mitmenschen umgeht und der diesenrespekt auch für sich einfordern darf.