Der Westbalkan und die EU
Seit der Gründung der EWG/EU mit Jänner 1958 – also vor mehr als 60 Jahren – ist die Zahl ihrer Mitglieder von sechs auf 28 angewachsen, hat sich also fast verfünffacht. Wie soll es weitergehen?
Das ist zunächst einmal ein Erfolgsbeweis, der zeigt, dass der Grundgedanke der europäischen Integration verstanden und für richtig gehalten wurde. Die Staaten Europas sollten in der Ewg/euimmer stärker als Wirtschaftsunion, alspolitische Union und als Friedensunion zusammenfinden.
Deutschland, Frankreich, Italien, Belgien, die Niederlande und Luxemburgwaren jene ersten demokratischen europäischen Staaten, die erkannten, dass eine „immer engere Zusammenarbeit“nicht nur große ökonomische Vorteile für die beteiligten Staaten bringt, sondern auch mehr Sicherheit und mehr Gewicht in den internationalen Beziehungen.
Und so wuchs die europäische Familie von sechs auf neun Staaten, dann auf zwölf, dann mit 1. Jänner 1995 (durch den Beitritt von Österreich, Finnland und Schweden) von zwölf auf 15 und schließlich durch die große Osterweiterung in zwei Etappen (2004 und 2007) auf 27 Mitgliedsstaaten, um am 1. Juli 2013 mit Kroatien das 28. Mitglied in die EU aufzunehmen.
Gemäß Artikel 49 des EUVertrags hat grundsätzlich jeder europäische Staat, der die Kopenhagener Kriterien (also grundlegende demokratiepolitische, rechtsstaatliche und menschenrechtliche Prinzipien) erfüllt, das Recht, die Mitgliedschaft in der EU zu beantragen. Aber es gibt keinen Rechtsanspruch auf Mitgliedschaft. Dafür ist vielmehr nicht nur die Zustimmung der zuständigen Organe der EU erforderlich, die zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen für eine Eu-mitgliedschaft erfüllt sind, sondern es müssen alle bisherigen Mitgliedsstaaten der Aufnahme zustimmen. Diese Hürden zu überwinden, istimlaufe der Zeit schwieriger geworden. Und zwar nicht nur, weil es schwieriger ist, die Zustimmung von 28 Staaten, Regierungen und Parlamenten zu erreichen, sondern auch, weil sich seit den letzten Erweiterungsrunden vieles verändert hat.
Erstens ist die Heterogenität der Mitglieder gewachsen. Die Unterschiedezwischenbelgien und denniederlanden sind nun einmal viel geringer als zwischen Estland und Portugal oder – umeinen Blick in die Zukunft zu werfen – zwischen Finnland und Albanien.
Zweitens – so wird argumentiert – würde die finanzielle Belastung der sogenannten Nettozahler durch den Beitritt von weiteren südosteuropäischen Staaten weiter steigen. Ein Argument, das ein wachsendes Maß an mangelnder Solidarität erkennen lässt.
Drittens leben wir derzeit in einer Phase eines leider wieder stärker werdenden Nationalismus und es ist eine unleugbare Tatsache, dass nationalistische Emotionen Gift für eine harmonische Zusammenarbeit in der EU und für deren Erweiterung sind. Nicht ohne Anlass hat sich die Eu-kommission in diesen Tagen deutlich über wachsenden Nationalismus in Europa besorgt gezeigt. it einemwort: Einzelne Staaten in der EU haben sich von den ursprünglichen Idealen der europäischen Integration, vom Gedanken europäischer Solidarität, von der Bereitschaft, die strengsten Maßstäbe in den Bereichen von Demokratie und Rechtsstaat anzulegen, inden letzten Jahren ein gutes Stück entfernt.
Diesem kritischen Befund stehen Gegenargumente von großem Gewicht gegenüber.
1. Das europäische Projekt ist in erster Linie ein Friedensprojekt und es wäre eine Sünde wider den europäischen Geist, würde man zu einem bestimmten Zeitpunkt die Eingangstü-
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