Vom hehren Wunsch nach Liebe mit Leiden
Die Nigerianerin Ayòbámi Adébáyò erzählt von einer großen Liebe, die selbst in tausend Scherben zerbrochen viele Jahre überdauert.
So
klingt unsere Geschichte also, wenn die Leute sie sich erzählen? „Ich bin das Biest, und du der Heilige.“Yejide betrügt Akin mit dessen Bruder Dotun, in flagranti inklusive. So weit, so schlecht. Ayòbámi Adébáyòs Debütroman wäre aber wohl kein derart gepriesener, käme da nicht mehr. Denn: Wer ist bei diesem Verrat der Verräter, wer der Verratene? Die Nigerianerin entfaltet einen derart unerwarteten Spannungsbogen, dass sich nahezu seitenweise das Blatt der Handlung wendet. Es ist ein mächtiges Potpourri an Verrat, Verlust, Trauer und natürlich Liebe, das die 1988 in Lagos Geborene im Nigeria der 1980er und 1990er ansiedelt. An den Beginn setzt sie aber sowieso einmal die Liebe, eine unbändige noch dazu. Yejide und Akin entscheiden sich für etwas Ungewöhnliches: die Monogamie. Soweit, so schön. Doch dann tritt das ein, was Yejides Vater ihr sprichwörtlich mitgab: „Oro ife bi adanwo ni“(„Die Liebe ist wie eine Prüfung“). Prüfungen mutet die Autorin ihren Figuren wahrlich viele zu, lässt sie kapitelweise alternierend und anachronistisch in der IchPerspektive davon erzählen: Kinderlosigkeit, Druck durch die Schwiegermutter, Kinder, die nicht bleiben, sondern gehen ... Dennoch ist es kein Buch, das einen mit bleierner Schwere, sondern mit hoffnungsvoller Leichtigkeit entlässt. Und das ist ganz und gar Adébáyòs Art des Schreibens zuzuschreiben. „Wenn die Last zu groß ist, zu groß über eine lange Zeit, knickt selbst die Liebe ein, bekommt Risse, droht zu zerbrechen und zerbricht manchmal. Aber auch wenn sie in tausend Scherben verstreut um unsere Füße liegt, ist es noch immer Liebe.“Wer so fabulös über die traurigen Facetten dieses Themas zu formulieren vermag, dem wünscht man die Liebe nicht ohne Leiden, sondern mit – zumindest auf Buchseiten. Martina Stix Ayòbámi Adébáyò. Bleib bei mir. Piper,
352 Seiten, 22,70 Euro.