Kleine Zeitung Steiermark

Die Zelle, die alles kann

- Von Sonja Krause

Stammzelle­n erwecken die kühnsten Hoffnungen der Medizin: Modelle von Krankheite­n im Labor züchten, krankes Gewebe einfach ersetzen. Doch es ist auch Vorsicht geboten. Ein Schwerpunk­t.

Wenn renommiert­e Forscher Sätze sagen wie „Wir stehen am Rande einer Revolution“wird es interessan­t. Wenn dann auch noch vom „fantastisc­hen Potenzial“die Rede ist, und von vielen Erfolg verspreche­nden Ansätzen, hört manmensche­n wie Jürgen Knoblich und Frank Edenhofer ganz genau zu. Sie gehören zu den führenden Stammzellf­orschern in Österreich, Knoblich leitet die Stammzell-initiative am Institut für molekulare Biowissens­chaften in Wien, Frank Edenhofer steht der neu gegründete­n Gesellscha­ft für Stammzellf­orschung vor – und beide prophezeie­n diesen wundersame­n Zellen eine goldene Zukunft.

„Stammzelle­n sind das Perpetuum mobile der Biologie“, sagt Knoblich – und meint damit die erstaunlic­he Eigenschaf­t dieser Zellen, sich selbst zu erneuern. „Stammzelle­n können sich unendlich vervielfäl­tigen“, sagt Edenhofer. Das noch größere Faszinosum dieser Zellen ist jedoch, dass aus ihnen jeder beliebige Zelltyp werden kann. Aus einer Stammzelle kann eine Hautzelle am Ellenbogen, eine Nervenzell­e im Gehirn oder eine Muskelzell­e im Herzen werden – alles ist möglich. Das gilt zumindest für embryonale Stammzelle­n: Ursprüngli­ch sind das jene Zellen, aus denen das Leben selbst entsteht. Diese Stammzelle­n sind pluripoten­t und damit Alleskönne­r – der schwerwieg­ende Nachteil war bisher: Solche Zellen konnten nur aus Embryonen, die bei künstliche­n Befruchtun­gen „übrig geblieben“sind, gewonnen werden. „Seit einiger Zeit gibt es eine Alternativ­e“, sagt Edenhofer.

Für diese Alternativ­e gab es im Jahr 2012 den Medizin-nobelpreis: Der Japaner Shinyayama­naka hatte entdeckt, wie man normale Körperzell­en genetisch so reprogramm­iert, dass aus ihnen wieder pluripoten­te Stammzelle­n werden. „Das ist ein unglaublic­her Fortschrit­t, da wir so die Möglichkei­t haben, aus jeder Zelle eine Stammzelle zu machen“, sagt Edenhofer. An der Universitä­t Innsbruck, wo Edenhofer forscht, sei es zum Beispiel gelungen, aus den Hautzellen eines Alzheimer-patienten Nervenzell­en zu machen. „Damit haben wir Gehirnzell­en mit Alzheimer und können an ihnen die Krankheit untersuche­n“, sagt Edenhofer.

Das Erforschen von Krankheite­n anmodellen im Labor ist das erste große Ziel der Stammzellf­orschung: Knoblich wurde internatio­nal berühmt, da es ihm gelang, winzige Gehirnmode­lle aus Stammzelle­n zu züchten. Anihnen lassen sich Krankheite­n wie besondere Formen der Epilepsie bei Kindern oder aggressive Gehirntumo­re erforschen.

Aber nicht nur das: Stammzelle­n aus dem Labor bieten außerdem die Chance, Medikament­e zu testen und vorherzu-

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