Zu bleiben“
Als erfolgreichster Skispringer aller Zeiten hat Gregor Schlierenzauer längst Geschichte geschrieben. Vor der Sinnkrise hat ihn das aber nicht geschützt. Wie er daraus neue Kraft schöpfte.
zwei Jahren. Natürlich kann man sagen, der ist ja privilegiert und es gibt Schlimmeres im Leben. Stimmt. Aber wenn man selbst davon betroffen ist und der Boden unter den Füßen wegbricht, dann gilt es, sich selbst wieder zu finden.
Wie hat das funktioniert?
Das Wichtigste ist es, wieder seine Wurzeln zu entdecken, Ziele und Visionen zu haben und einen Sinn darin zu erkennen. Das sind intensive Auseinandersetzungen mit sich selbst. Mit 25 Jahren in den Spiegel zu schauen und zu fragen: Wer ist man überhaupt, was treibt einen an, was kann man und wohin will man? Da bin ich dann auf die Suche gegangen. Um das Feuer wieder zu kriegen, habe ich alles Negative ausgeblendet – in meinem Fall den öffentlichen Druck, das Image und andere Faktoren – um den Spaß wiederzufinden.
Was ist springen? War dieses Bewusstsein Ihnen verloren gegangen?
Ski- Das Gefühl in der Luft. Es bedeutet Freiheit. Das ist seit Beginn meine Antriebskraft. Egal wer man ist und was man macht: Dieses Gefühl darf man nie vergessen und verlernen. Ich würde nicht sagen, dass es verloren gegangen ist, aber manchmal war es durch viele Faktoren und Einflüsse von außen vielleicht ein bisschen zugeschüttet und ich musste es wieder entdecken. Diese Phasen im Leben kennen aber viele. Genau in diesen schwierigen Phasen ist es wichtig, sich daran zu erinnern, was einem Kraft und Energie gibt.
Gibt es Anzeichen, dass die Flamme der Begeisterung in einem erlöscht?
Wenn man die Liebe zu Dingen und Personen verliert, wird es schwierig. Da ist es wichtig, die Situation anzunehmen und sich einzugestehen: Es geht mir schlecht. Das zu akzeptieren, ist für einen Spitzensportler vielleicht noch schwieriger. Am Ende des Tages braucht man Zeit und Ruhe, umdie Fragezeichen im Kopf wegzubekommen.
Hätte ein 54. Weltcupsieg nach all dem, was Sie in der jüngsten Vergangenheit erlebt haben, mehr Wertigkeit für Sie als einer der vorherigen?
Für die Öffentlichkeit wäre es vielleicht so, weil es eine Geschichte ist. Für mich persönlich bleibt es gleich, weil es ohnehin jeden Tag wichtig ist, seine Herausforderungen anzugehen und zu leben und darauf zu achten, dass die Seele im Frie- den ist, egal in welcher Lebenslage man ist. Obman dann Siege feiert, ein Unternehmen aufbaut, Gewinne schreibt, Familie gründet, ein Haus baut ...
Haben Sie sich in den Phasen, in denen es nicht so gut gelaufen ist, fallen gelassen gefühlt? Von Ihrer Umgebung? Der Gerechtigkeit des Lebens?