Sehr leichtfüßig
Der österreichische Eu-ratsvorsitz tänzelt übers diplomatische Parkett – doch mit der bisherigen Positionierung konntemandasversprechen, Brücken zubauen, nochnicht einlösen.
Gleich zwei Eu-ministertreffen sind nun in Wien über die Bühne gegangen – und sie haben vor allem zwei Dinge sichtbar gemacht: Die Divergenzen innerhalb der Mitglieder im Umgang mit der Migrationskrise erreichen einen neuen Höhepunkt. Und die österreichische Außenministerin ist auf dem Tanzparkett nicht nur des spontanenhofknickses, sondern auch des Sambas und Bossa nova mächtig.
Gar so viele Rosen wurden dem österreichischen Vorsitz danach nicht gestreut. Die Kritik des für seine klaren Ansagen bekannten luxemburgischen Außenministers Jean Asselborn, Österreich habe „kein gutes Beispiel“abgegeben, weil es nicht unter jenen Ländern ist, die Italien Flüchtlinge abnehmen, ist überzogen. Rom nicht alleine im Regen stehen zu lassen, wäre zwar angesichts der Notlage in Italien eine Frage der Fairness der Eu-partner. Flüchtlinge aufzunehmen, und hier hat Österreich auch schon viel beigetragen, ist aber an sich kein Kriterium zur Beurteilung einer Präsidentschaft.
Durchaus in der Verantwortung der Vorsitzenden liegt es aber, als möglichst neutraler Mittler Lösungen zwischen den Eu-partnern in diewege zu leiten – hier hat Asselborns Forderung seine Berechtigung. Die Eusei an einem „sehr schwierigen Punkt“angelangt; die Ratspräsidentschaft müsse in Sachen Solidarität „alles geben, was man hat“. Das mag angesichts der zunehmenden Zersplitterung in nationale Einzelinteressen derzeit eine schwierigeaufgabe sein; und selbstam Westbalkan, wo Wien traditionell auf Expertise verweisen kann, ist mit dem erneuten Ringen um Grenzverschiebungen wenig Raum für rasche Erfolge.
Doch dass sich Österreich in der Migrationspolitik im Nahebereich der Unsolidarischen im Osten Europas aufstellte, hat seine Position als Vermittler sicher nicht gestärkt. Beim Streit ums Eu-budget machen Österreichs nationale Positionen mehr Lärm als die Lösungsversuche. Im Ukraine-konflikt wurde die Glaubwürdigkeit Österreichs alsvermittler, die sich Sebastian Kurz im Vorjahr als OSZE-VORsitzender auf beiden Seiten erarbeitet hatte, beimhochzeitstanz in Gamlitz verspielt. Und dass der Us-botschafter danach erklärte, ein Brückenbauer müsse schon beide Seiten miteinander verbinden, braucht auch niemanden zu verwundern. Wie wichtig es aber wäre, eine Friedenslösung für den Krieg inmitten Europas zu finden, zeigte der gestrige Anschlag auf den Separatistenführer in Donezk. erauschend war er nicht, der Start der österreichischen Eu-präsidentschaft. Positiv zu erwähnen ist die leichte Entspannung der Beziehungen zur Türkei, die sich Kneissl auf die Fahnen heften darf, und das Bemühen um Lösungen für Syrien. Auch muss man der Regierung zugestehen, noch vier Monate Ratsvorsitz vor sich zu haben. Bis aber in der Nachbetrachtung erinnerungswürdige inhaltliche Durchbrüche die Tanzbilder in den Schatten stellen werden, müssen sich die österreichischen Vorsitzenden auf jeden Fall noch gewaltig ins Zeug legen.
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