Tablets für alle Schüler ab 2019
Kurz und Faßmann kündigen bei Besuch von Pisa-sieger Hongkong Digitalisierungsoffensive für Schulen an. „Enormer Nachholbedarf.“
Michael Jungwirth, Hongkong
Als Kanzler Sebastiankurz und Bildungsminister Heinz Faßmann die Klasse betraten, saßen die Volksschüler still im Kreis und wischten über ihre Tablets. Die Lehrerin hatte den Achtjährigen eine Viertelstunde eingeräumt, damit sie ihre jeweiligen Digitalseiten mit aktuellen Fotos und Zeichnungen ergänzen.
Während sich Kurz kameragerecht zu den Kindern hinhockte, verstrickte ein sichtlich nachdenklicher Faßmann Direktorin Helen Kelly in ein Gespräch über digitale und traditionelle Lernmethoden. Als Kelly dem Minister versicherte, dass der Stundenplan, das Schulbuch, das Schulheft, auch die Schreibschrift an der Canadian International School of Hongkong keinesfalls ausgedient haben, atmete Faßmann erleichtert auf. Erst dann kniete er sich zu den Kindern dazu.
Die Visite bei den Pisa-siegern Singapur und Hongkong nahmenkurz, Faßmann und die Digitalisierungsminister Margarete Schramböck und Norbert Hofer zum Anlass, um wenige Tage vor Schulstart eine Digitalisierungsoffensive an heimischen Schulen zu verkünden. Bis Jahresende sollen alle Details im Rahmen eines Masterplans, der bis 2022umgesetzt wird, ausgearbeitetwerden. Mit Schulbeginn startet – fakultativ als Gegenstand oder als Unterrichtsprinzip – ohnehin das Fach „Digitale Grundbildung“.
„Wir haben einen enormen Handlungsbedarf an gewissen Schulen“, räumte der Kanzler ein, dem die Schaffung des „di- gitalen Klassenzimmers“vorschwebt. Nur 0,8 Prozent aller Schüler verwenden derzeit Tablets im Unterricht, lediglich ein Drittel der Schulen sind mit einem leistungsfähigen Internet ausgestattet, 50 Prozent der Klassen haben kein WLAN.
Die schrittweise Ausstattung aller Schüler mit Tablets – beginnend womöglich bereits ab 2019 – ist nur ein Aspekt eines Maßnahmenbündels. Im Gespräch mit der Kleinen Zeitung enthüllte Kurz, dass bei den Tablets ein Leasingmodell eine kostengünstige Option darstelle. Die Kosten würde die öffentliche Hand übernehmen, der Finanzminister sei informiert. Mit drei Anbietern führe man bereits Gespräche, man plane einen einheitlichen Beschaffungsvorgang. Die Geräte werden auch versichert.
Faßmann verwies auf den gesamthaften Ansatz: „Ohne motivierte Lehrer, ohne gut überarbeitete Lehrpläne und Unterrichtsbehelfe wird das nicht funktionieren.“Dem Minister schwebt die Einführung eines Fachs vor. „Wir müssen den Einstieg ins digitale Zeitalter schaffen“, so Faßmann, „allerdings muss es ethisch verantwortungsvoll passieren.“Er sei gegen ein Handyverbot an Schulen. „Draufschauen ja, aber nicht permanent.“