Schrille Pop-ikonen und raue Kerle am Lido
Lacherfolg: Diewesterngroteske der Coen-brüder. Und Lady Gaga gibt ihr Leinwanddebüt.
In
flamboyante Rollen schlüpft Lady Gaga seit jeher wie in eine zweite Haut. Das Remake von „A Star is Born“, das in Venedig außer Konkurrenz läuft, scheint da wie gemacht für die erste LeinwandPerformance der Pop-ikone. „Ich wollte schon immer Schauspielerin werden“, erklärte sie auf der Pressekonferenz am Freitag. Man brauche aber jemanden, der an einen glaube – in ihrem Fall war das Bradley Cooper. Der Hollywood-star („Hangover“) gibt mit dem Film nicht nur sein gelungenesregie-debüt. Er spielt im x-tenremake desklassikers auch die zweite Hauptrolle: einen alkoholkranken CountrySänger. Als er die junge, talentierte Ally (Gaga) kennenlernt, schafft sie mit seiner Hilfe den Durchbruch, während sich seine Karrierekurve gegenläufig entwickelt.
Der Schauspieler Cooper kann dabei zeigen, dass er auch ein ziemlich guter CountrySänger ist. Und Lady Gaga im Gegenzug erledigt ihren Schauspieljob sehr ordentlich – ungewöhnlich normal und vor al- Großer Auftritt: Lady Gaga
lem ungeschminkt. „Das war eine Herausforderung für mich, so verletzlich und so nackt“, sagte die Sängerin, die gute Chemie mit Cooper hat. Der Regie-newcomer inszeniert in den besten Szenen mit viel Feingefühl für die Intimität zwischen den beiden.
Der Wettbewerbsbeitrag „The Ballad of Buster Scruggs“, eine Western-anthologie, die die Brüder Joel und Ethan Coen ursprünglich als Serie für Netflix angelegt hatten, ist ein zweieinhalbstündiger Film voller bekannter Charaktergesichter, der schwungvoll, grandios, höchst komisch beginnt: mit singenden Cowboys und rauchenden Colts, mit denen der verschlagene Titelheld Buster Scruggs (Tim Blake Nelson) seine Gegner auf kreative Weise ins Jenseits befördert. Was danach folgt, sind fünf Kurzgeschichten über Leben und vor allem Sterben im Wilden Westen, im Grunde klassische Genre-vignetten voller rauer Kerle, denen die Coens ihren unverkennbaren, grotesken, oft reichlich brutalen Dreh geben.
Ganz gleich, ob sich Tom Waits als kauziger Goldsucher durchs Landschaftsparadies buddelt oder ob die Dinge für James Franco als Bankräuber natürlich anders laufen als geplant: verselbstständigte Situationen und Verkettungen denkt sich kaum jemand so genial sarkastisch aus wie diecoens. Die erhöhte Schlagzahl der Ideen und der irre Reichtum an Wendungen lassen zwar ab Episode drei nach. Unterhaltsame Western-miniaturen sind es aber, auch wenn „Buster Scruggs“keinmeisterwerk wie ihrneo-western „No Country For Old Men“und kaum löwenverdächtig ist.
Sascha Rettig, Venedig