Wenn der Knorpel altert
Um die Arthrose ranken sich viele Halbwahrheiten: Zwei Experten klären auf, was passiert, wenn Gelenke alt werden.
Ist sie ein unausweichlicher Alterungsprozess, der die Gelenke irgendwann in die Knie zwingt? Oder nur eine „Lüge“dermedizin, die Schmerzen, die eigentlich durch Verspannungen in Muskeln und Bindegewebe entstehen, mit Operationen und Prothesen behandeln will? Um die Arthrose ranken sich Halbwahrheiten – Physiotherapeut Gert-jan Kordes (FH Joanneum) und Sportorthopäde Gerald Gruber (Lkh-uniklinik Graz) erklären, was sich in den Gelenken abspielt.
„Arthrose bedeutet so viel wie Abnützung und beschreibt einen normalen Prozess des Alterns“, sagt Kordes. So wie die Haut Fältchen bekommt, wird auch der Knorpel abgenutzt. Das mache die Gelenke weniger belastbar – wird die Belastungsgrenze überschritten, reagiert der Körper mit Entzündungen. Und diese verursachen den Schmerz. Daher lasse sich auch erklären, warum manche Menschen, die in Röntgenaufnahmen eine starke Arthrose zeigen, schmerzfrei leben, während andere mit geringeren Abnützungen kaum noch gehen können. „Wir forschen daran, Oberschenkelknochen Knorpel
Kniescheibe Innenband vorderes Kreuzband Meniskus Außenband
Schienbein Wadenbein
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herauszufinden, warum es zu den Entzündungen kommt“, sagt Gruber – klar sei aber, dass die Arthrose von vielen Faktoren abhängt. Daher könne es auch keine einfachen Lösungen für die Schmerzfreiheit geben, wie Kordes sagt.
Hüft- und Kniegelenk sindam häufigsten von Arthrose betroffen: Exzessiver Sport, ein belastender Beruf, Verletzungen, aber auch Übergewicht und fehlende Bewegung sind die Faktoren, die den Abbauprozess des Knorpels begünstigen. „Wir wissen, dass Menschen, Beckenkamm Kreuz-darmbeinGelenk Kreuzbein
Knorpel Hüftkopf Steißbein Schambein
Oberschenkelknochen die gar keinen Sport machen, ebenso wie Marathonläufer mehr zu Arthrose neigen als Hobbyläufer“, sagt Kordes. Die Dosis mache die Medizin. Bewegung sei jedenfalls das Um und Auf in der Therapie – und das gilt auch für die Vorsorge. Ein junger Knorpel regeneriere sich dadurch, dass er belastet wird: Be- und Entlastung führen dazu, dass das Gewebe mit Nährstoffen versorgt wird. Doch auch für den bereits angegriffenen Knorpel gelte: „Motion is lotion, also Bewegung ist das Schmiermittel“, sagt Kordes. Studien hätten gezeigt, dass Muskeltraining die Schmerzen der Arthrose ebenso effektiv reduziere wie ein Medikament.
Kräftigung, Mobilisierung und Ausdauertraining sind laut den Experten die zentralen Stützen der konservativen Therapie, die immer zuerst ausgeschöpftwerden sollte. Steht die Diagnose vom Sportmediziner, kann eine physikalische Therapie beginnen – mit einem individuellen Trainingsprogramm. Keinen wissenschaftlichen Beweis gibt