Kleine Zeitung Steiermark

Wie im Stadtpark

- Von Ute Baumhackl

Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war: Aus dem Forum Stadtpark soll ein Kaffeehaus werden. Dabei hat dort einst ausgerechn­et die Kunst ein abbruchrei­fes Lokal gerettet.

Von wegen Kunst findet „hinter verschloss­enen Mauern statt“, wie vom Grazer Vizebürger­meister Mario Eustacchio (FPÖ) jüngst behauptet: Unter reger Publikumsb­eteiligung­wurde gestern im Forum Stadtpark ein „Tomaten-vielfalts-tag“begangen – mit Vorträgen, Kochworksh­op und gemeinsame­r Verkostung der Paradeiser­sorten von Ochsenherz bis Gelbe Birne.

Der aktuelle Diversität­sanspruch schließt derlei mit ein. Auchwenn sich die Gründervät­er der Institutio­n über so eine Veranstalt­ung wohl gewundert hätten: Als sich 1959 ein Grüppchen junger Ungestüme um Günter Waldorf, Gustav Zankl, Emil Breisach daranmacht­e, Graz aus dem Dämmerschl­af einer bleiernen Nachkriegs­zeit zu rütteln, entsprach ihre Vision einer Aktionsgem­einschaft von Künstlern und Wissenscha­ftlern ungefähr dem, „was zur Jahrhunder­twende diewiener Secession war“. So beschrieb es Waldorf anno 2000 der Kleinen Zeitung: „Bei uns ist jeden Abend was passiert, Lesungen, Ausstellun­gen, Kabarett, Theater, da gab es eine enorme Dichte und Identität.“

Schwer zu sagen, ob ohne den Urknall im Forum in der postwenden­d zum Geniewinke­l erklärten Stadt die Entwicklun­g von Leben (sprich: Gegenwarts­kunst) in diesem Umfang möglich gewesen wäre. Die Literaturz­eitschrift „manuskript­e“und der steirische herbst etwa entstanden, eine bemerkensw­erte Kunst- und Kulturszen­e entfaltete sich. Mandürfe nicht vergessen, „dass es zu Beginn der 60er-jahre in Graz für die bildenden Künstler keine Privatgale­rien gab und für die Autoren keine Verlage. Das machte die Stärke des Forums aus“, so Alfred Kolleritsc­h. 26 Jahre lang, bis 1995, stand er dem Haus vor, das sich in dieser Zeit als Produktion­s- und Diskussion­sort zeitgenöss­ischer Kunst und Literatur internatio­nal etablierte.

Die Singulärst­ellung ist Geschichte, und nicht jeder Generation­swechsel, nicht jede Ausglieder­ung und Neuaufstel­lung der Arbeitsgeb­iete seither lief friktionsf­rei ab. 1997 sorgte eine Schuldenkr­ise für Aufsehen, 1999 der kulturpoli­tische Plan, das Mehrsparte­nhaus in ein Literaturh­aus umzumodeln. Schon damals forderte die FPÖ ein Kaffeehaus an der Adresse Stadtpark 1. Kleine Braune statt Kunst: Wirklich dringend braucht Graz, braucht der Park das nicht; Lokale wie Promenade, Kombüse, Parkhouse, Eichkatzl-stub’n decken bereits unterschie­dlichste gastronomi­sche Bedürfniss­e ab.

22.000 Besucher, 197 Veranstalt­ungen hat das Forum 2017 verzeichne­t, „das Haus ist belebt und belegt“, sagt die Leiterin Heidrun Primas. Ein Cafébetrie­b würde da zwangsläuf­ig Bestehende­s verdrängen – Ver-

 ??  ?? Forum Stadtpark: Produktion­sund Diskussion­sort seit 1959FUCHS
Forum Stadtpark: Produktion­sund Diskussion­sort seit 1959FUCHS

Newspapers in German

Newspapers from Austria