Butter gegenwanderschuhe
Seit acht Jahren sind Rudi und Hannerl Schöggl im Sommer auf der Schneealpe zu Hause. In wenigen Tagen beenden sie ihre letzte Saison auf der Sennerhütte.
Pünktlich um fünf Uhr früh beginnt der Tag für Rudi und Hannerl Schöggl. Dann geht es für die Eheleute zuerst in den Stall, um vier Milchkühe zu versorgen. Ein kühler Wind weht der quirligen Hannerl Schöggl um die Nase und sie zieht ihr blaues Arbeitskleid ein wenig enger um sich. „Es wird eindeutig langsamherbst. Das kann man nicht leugnen. Hier heroben merken wir immer gleich, wenn sich der Sommer dem Ende zuneigt“, erklärt sie und verschwindet gleich wieder in der wohlig warmen Stube.
Gemeinsam mit ihrem Mann hat Hannerl Schöggl acht Jahre lang vom Frühling bis in den Herbst die Schrittwieser-hütte auf dem Ameisbühel, einem Teil der Schneealpe, bewirtschaftet. Inwenigentagenwerden die beiden ihre Zelte auf 1765 Meter Seehöhe abbrechen und das Leben als Senner auf demameisbühel hinter sich lassen. „Ein bisschen wehmütig bin ich schon. Aber wir haben immer gesagt, dass wir nicht ewig als Senner leben werden und wieder mehr Zeit mit unseren Enkelkindern im Tal verbringen möchten“, sagt Rudi Schöggl, während er seiner Frau über die Schulter schaut. Durch kleine Fenster dringt ein bisschen Licht ins Innere der Sennerhütte und taucht den hölzernen Esstisch in ein warmes Licht. Das Pfeifen des Wasserkochers auf dem alten Tischherd ist zu hören und Hannerl Schöggl beginnt Butter zu machen.
Routiniert füllt die Sennerin die noch kuhwarme Milch in eine alte, selbst ge- baute Maschine und schaltet sie ein. „Damit mache ich die Butter. Jeden Tag, immer in der Früh zur gleichen Zeit. Man weiß ja nie, wann die erstenwanderer heroben sind“, sagt Hannerl Schöggl und beobachtet, wie sich die Milch in der selbst gebauten Maschine mit Waschmaschinenmotor bewegt. Es ist zwar noch früh, aber sie will für alle Fälle gerüstet sein. „Spätestens um 10 Uhr sind die ersten Leute heroben. Bis dahin muss alles fertig sein. Ich will mir Zeit für die Wandersleute und ihre Geschichten nehmen“, sagt die Sennerin. Sie schwemmtdie fertige Butter zweimal mit Bergwasser von der Schneealpe aus und presst diebutter mithilfe von alten Holzmodeln mit Blumenverzierungen in Form. Kräftig klopft sie die Kante der Model dann auf den Esstisch, damit sich die 250 Gramm schweren Butterstücke besser aus der Formlösen. Dann verschwinden die verzierten Butterstücke rasch im Kühlschrank. „Die Butter muss schnell gekühlt werden. Sonst wird sie schlecht“, lässt Hannerl Schöggl wissen.
Während sie beim Buttermachen alle Hände voll zu tun hat, schaut ihr Mann auf den umliegenden Wanderwegen nach dem Rechten. Er kontrolliert Wegweiser, hält die Wanderwege in Schuss und überprüft, ob alle Steige inordnung sind. „Das Bergsteigen ist meine große
Leidenschaft“, sagt Rudi Schöggl. Nach all den Jahren kennt er die Schneealpe mitsamt ihrenwegen wie seinewestentasche und kann mit jedem Wanderer über die beste, spannendste oder kräftezehrendste Route sprechen.
Jetzt, wenn die Temperaturen langsam sinken und es langsam früher dunkel wird, werden die Eheleute aber melancholisch und denken über ihre Zeit ohne die Sennerhütte nach. „Ein komisches Gefühl ist das schon, die Hütte zu verlassen. Zum Glück gibt es jemanden, der im nächsten Frühling die Hütte übernehmen wird“, sagt Rudi Schöggl. Wenn die vier Kühe inwenigen Tagen ins Tal getrieben werden, wird auch das Ehepaar seine Sachen packen. „Wir haben uns eines für unsere ,Pension‘ vorgenommen: Wir wollen selbst wieder die Bergspitzen der Steiermark erkunden“, sagt Hannerl Schöggl mit einem Schmunzeln.