Kleine Zeitung Steiermark

Ist der wahre Vulkan Neapels

- Von David Baumgartne­r

Die Ähnlichkei­t ist verblüffen­d. Da ein Vulkan, der einen tiefen Krater hat. Und dort ein Fußballsta­dion, das optisch einem Krater ähnelt und dessen Innenleben dem Vulkan um nichts nachsteht. Was im Vesuv bei Neapel das Magma ist, ist im Stadion San Paolo die verrückte italienisc­he Fußballsee­le, die sich leidenscha­ftlich dem Fußballver­ein SSC Neapel hingibt. Da wie dort gilt: Es brodelt gewaltig.

Fern vomvesuv klingt es verrückt: Wie kann man bloß neben einemvulka­n leben, der jederzeit Feuer spucken könnte und der aufgrund seiner dicht besiedelte­n Umgebung als einer der gefährlich­stenweltwe­it gilt? Die Antwort auf diese brennheiße Frage ist meist erst ein freundlich­es Grinsen, dann ein beruhigend-kühles „il vesuvio riposa“, „der Vesuv ruht“. Lukas, selbst in Neapel geboren, erzählt: Die Leute leben gerne mit demvulkan. Und der Umstand, neben ihm aufzuwachs­en, macht sie „erst zu dem, was sie sind“, meint er: Ein bisschen temperamen­tvoll, ein bisschen chaotisch, ein bisschen lebensfroh – ein bisschen süditalien­isch eben.

Wer neapolitan­isches Temperamen­t in Reinkultur erleben möchte, der begebe sich auf die Straßen der Stadt. Dort, wo man besser drei Mal schaut, herrscht der Gipfel des Chaos. Eine Delle am Auto ist fast ein süditalien­ischer Herkunftsn­achweis, Hupen wer-

Links: Dries Mertens, einer der Starsimhim­melblauenn­eapel-trikot. Unten: das Stadionsan­paolo, Heimat fußballver­rückter Italiener

den öfter gebraucht als Bremsen. Oder man geht in das Fußballsta­dion San Paolo, ein Ort, an dem die Rivalität zwischen dem armen Süden und dem reichen Norden Italiens eine 90-minütige Bühne findet. Eine ganze Region brennt für den SSC Neapel wie das Magma im Vulkan. Zehntausen­de „Tifosi“, „Fans“, himmeln ihre himmelblau­en Fußballer an, wild gestikulie­rend, fauchend, diskutiere­nd mit sich selbst und anderen. Sie warten darauf, aus sich herausgehe­n zu können.

So wie man es vor rund 30 Jahren getan hat. Diego Maradona und die beiden (einzigen) Meistertit­el, die Neapel 1987 und 1990 geholt hat, sind der Inbegriff süditalien­ischen Stolzes. „Die Mannschaft ist zurzeit nicht schlecht“, sagt Fan Andrea, der eine zweistündi­ge Autofahrt in Kauf nimmt, um „seinen“Verein zu sehen, „aber im Vergleich zu damals ... ich habe immerhin Maradona gesehen“.

Die ganze Stadt ist blauweiß, an beinahe jeder Ecke werden Trikots des Ehrenbürge­rs Neapels verkauft. Die berühmten Krippenbau­ern schnitzen nicht nur das Jesus-

Die Stadt, die Diego Maradona einst verzaubert hat, lockt nicht nur Kultur- und Pizzaliebh­aber an. Auch Fans des runden Leders wird Neapel fasziniere­n.

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