Vor Rekordwahlergebnis
Im schwedischen Parlament könnte nach der Wahl am Sonntag kein Stein auf dem anderen bleiben
AP mokratische und bürgerliche Regierungen seit den 1990erJahren denwohlfahrtsstaat, der zuvor als der engmaschigste der Welt galt, immerweiter zugunsten einer neoliberalen Politik beschnitten.
„Eine zuvor den Menschen unbekannte soziale Unsicherheit ist in Schweden eingezogen, gerade auch in den unteren und mittleren sozialen Schichten“, sagt Daniel Suhonen, Chef der gewerkschaftlichen Denkfabrik „Katalys“. „Das härtere soziale Klima konnte die SD dann erfolgreich mit der Einwanderung verbinden, obwohl es nichts damit zu tun hat“, so Suhonen.
Sowohl die rotgrüne Regierung als auch der bürgerliche Block standen zudem lange hinter der generösen Einwanderungspolitik. „Öffnet eure Herzen“, sagte der bürgerliche Minis-
Parlamentswahl in Schweden
Wahltermin: 9. September
der Sozialdemokraten (Auswahl)
terpräsident Fredrik Reinfeldt angesichts der Flüchtlingskrise vor seiner Abwahl 2014. Es war die schwedische Form des „Wir schaffen das“. in Prozent*
Im Jahr 2015 flüchteten dann mehr als 160.000 Menschen nach Schweden. In Relation zu seinen zehn Millionen Einwohnern hat Schweden mehr Flüchtlinge pro Kopf aufgenommen als jedes andere europäische Land. Die Kommunen waren überfordert.
kündigte die rotgrüne Regierung die Schließung der Grenzen und deutliche Verschärfungen der generösen Asylrichtlinien an. „Das kam viel zu spät. Die SD konnte sich bis dahin als einzige einwanderungskritische Partei im Parlament etablieren“, sagt Aylott. Seit der Kehrtwende der Regierung und den gutenumfragewerten der SD hat sich auch die politische Debatte stark nach rechts verlagert. Noch nie zuvor waren Einwanderung und die verstärkte Bekämpfung von Kriminalität auch von den großen etablierten Parteien und teils auch von denmedien so ins Zentrum der Debatte gerückt worden wie jetzt. Man zahle nun den Preis für 20 Jahre erfolgloser Integrationspolitik, sagte etwa der Chef der bürgerlichen Moderaterna, Ulf Kristersson. Noch 2014 wäre eine solche Äußerung aus seiner Partei im politisch korrekten Schweden fast undenkbar gewesen.
Unklar bleibt nun vor allem, wie die etablierten Parteien nach der Wahl mit der SD umgehen werden. Eine direkte Regierungsbeteiligung der SD schließen Links- und Rechtsblock aus.
Allerdings ist nicht ganz klar, inwieweit Teile des Rechtsblocks die Schwedendemokraten als Stützpartei aktivieren könnten. Obwohl der Linksblock derzeit in Umfragen einen leichten Vorsprung zum bürgerlichen Vierparteien-oppositionsblock „Allianz“hat, wird er vermutlich keine absolute Mehrheit erhalten.
„Was passieren wird, ist unmöglich vorherzusagen. Denn es ist nicht nur unwahrscheinlich, dass einer der Blöcke eine eigene Regierung bildet. Der bürgerliche Block ist sehr gespalten darin, wie er mit der SD umgehen soll, bezüglich einer Zusammenarbeit“, sagt Politologenicholas Aylott.„wenn ich raten soll, wird nur eine Partei in der nächsten Regierung sein, die mit indirekten Stützparteien eine knappe Mehrheit bildet“, mutmaßt der Politologe, „entweder die Sozialdemokraten oder die größte bürgerliche Parteimoderaterna. Erstere neben Grünen und Linkspartei auch mit Unterstützung aus dem bürgerlichen Lager, Letztere neben den anderen bürgerlichen Parteien auch mit indirekter Unterstützung der SD.“