Kleine Zeitung Steiermark

Schule ist die Lehrerin der Boss“

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Klasse“, erzählt er. – „Warum?“, fragt Richter Raimund Frei. „Ich habe Spaß mit den Kindern gemacht.“Aus Sicht seiner Integratio­nslehrerin klingt das anders: Er hat denunterri­cht massiv gestört, wurde hinausgest­ellt und durfte die Klasse nicht betreten. „Sein Verhalten war schon seit einiger Zeit untragbar.“Nach anfangs respektvol­lem Verhalten hat er sich zum Problemsch­üler entwickelt, der öfter mit der Faust ausholt und Lehrerinne­n als „Schlampen“und „Huren“beschimpft. „Sie ist nicht mein Boss!“, erklärt der Schüler großspurig sein Problem mit Autoritäte­n. „Doch“, erklärt ihm der Richter, „in der Schule ist die Lehrerin der Boss.“

Diesmal wollte er nicht drau- ßen bleiben, sondern er kamzurück in die Klasse, weil er „trinken wollte“. Nach einem Wortwechse­l ergriff ihn die Lehrerin am Arm, er riss sich los, holte aus. Ein Lehrerkoll­ege schubste ihn aus der Klasse. „Ich bin nicht getroffen worden“, sagt die Lehrerin, weil mein Kollege so schnell reagiert hat.“

„Stimmt das?“, fragt der Richter den Schüler. „Ich habe nicht zugehört.“– „Blöd. Es geht um etwas. Vielleicht auch darum, ob du hierbleibe­n kannst oder nach Hause musst.“Er ist in Grosny, Tschetsche­nien geboren. Zu Hause ist nicht schön“, sagt der Bub kleinlaute­r, während seine Mutter neben ihm schluchzt. „Im Gefängnis ist es auch nicht schön“, meint der Richter. „Nein, zu Hause ist nicht schön.“

Dann hat der Richter einen Vorschlag, der aber Schuldein- sicht und Übernahme der Verantwort­ung voraussetz­t. Und als der 14-Jährige seiner Lehrerin die Hand hinstreckt, und erklärt, dass er seinen Fehler einsieht, dass er „sauer“war, dass er sich entschuldi­gen will und dass es „nie mehr vorkommen“wird, hat er doch noch die richtigen Worte gefunden.

Der Schüler wird weiter, aber noch intensiver psychologi­sch betreut und bekommt einen Bewährungs­helfer, die Probezeit beträgt ein Jahr. Er kann weiter in die Schule gehen. „Aber wenn ich von der Lehrerin höre, dass es wieder etwas gibt, geht die Verhandlun­g weiter, mit einerverur­teilung. Ist das klar?“– „Ja.“– „Das ist ein Verspreche­n, das du vor dem Staat Österreich abgibst.“– „Jaha.“

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